7.Juli – 10.Juli - Die Woche vor der Veranstaltung
Natürlich ist es typisch, dass ich VOR der Veranstaltung praktisch keine Zeit für irgendwas habe. Ständig ist was anderes und die Tage enden manchmal erst um 23:00 Uhr im Büro. Am Montag spinnt auch noch das Auto und ich glaube langsam an was Übersinnliches, was mich an meiner Teilnahme in Oppenrod hindern will. Die spinnen, die Rennfahrer, oder aber es ist der Schlafmangel. Ich komme praktisch seit 3 Wochen nicht vor halb eins ins Bett und um halb sieben klingelt immer der Wecker. Trotzdem schaffe ich es, mein Kart zu checken und den Anhänger nach und nach zu beladen. Am Dienstag hole ich wieder das Wohnmobil ab und siehe da: Am Donnerstagabend steht alles aufgerödelt da. Die Familie kam dabei die letzten Wochen ganz klar zu kurz. Der Egoismus liegt wohl auch im Naturell eines Rennfahrers…
Freitag, 11. Juli – Anreise und erster Tag an der Strecke
Um 4 Uhr morgens klingelt der Wecker und natürlich bin ich wieder erst um halb eins eingschlafen. Ich lag zwar diesmal früher im Bett, aber der Kopf war zu voll. Bewährte hopfenhaltige Schlafmittel waren angesichts der langen Anfahrt (470 km) tabu und weil ich alleine unterwegs bin, muss ich fit sein am Morgen.
Um 4:30 Uhr sitze ich im Gespann. Frauchen ist doch aufgestanden und wünscht mir Glück. Und dann geht´s los. Es ist Gott sei Dank Null Verkehr auf dem ganzen Streckenverlauf und ich kann meine geplante Reisezeit von 5 Stunden genau einhalten. Am Vogelsberg in der Nähe von Wittgenborn bekomme ich einen Vorgeschmack auf die Wetterverhältnisse an der Strecke in Form eines wolkenbruchartigen Schauers. Da kann ja lustig werden….
Ich bin auch dieses Mal wieder bei Ingo Emenegger (http://www.kart-racing-baden.de), der sein großes Swiss-Hutless-Zelt bereits aufgebaut hat. Wir stehen im unteren Fahrerlager 2. Die Wiesen sind patschnass und durchweicht. Ich habe zwar mein eigenes Zelt dabei, aber weil genug Platz bei Ingo ist und ich auch keine Lust habe, mein Zeug im Matsch zu versenken, baue ich meinen Platz direkt bei ihm auf. Ich werde es am Freitag und am Samstag sehr zu schätzen lernen.
Als ich mein Kart ablade und auf den Wagen verfrachten will, habe ich meinen ersten Reifenschaden: Der Reifen vom Trolley ist von der Felge gesprungen. Der Wulst ist total abschliffen und somit hält der Reifen nicht mehr. Ich habe ALLES dabei, aber nur nicht diesen Mistreifen! Ich kann „Made in China“ langsam nicht mehr sehen….Wir müssen das Kart zum Vorstartbereich immer ca. 150 m schieben. Das Problem dabei: Die Verbindungswege im unteren Fahrerlager sind mit teilweise 5-6 cm großen Asphaltbrocken geschottert. Kein Mensch, der je ein Kart auf einem Trolley geschoben hat, würde einen Weg so aufschottern. Durch das Walken springt mir der Reifen noch mehrmals von der Felge und macht einen sicheren Transport des Karts nahezu unmöglich. Was ich mir bei den zig Mal Kart hin und her schieben am Wochenende alles deswegen denke, schreibe ich hier besser nicht…
Der erste Turn geht auf Slicks. Ich kenne Oppenrod nur vom Luftbild her. Mein erster Eindruck ist: Mutig, eine Strecke mit solch einem Layout für die Charakteristik eines ROTAX-Motors auszuwählen. Im Laufe des Wochenendes ändert sich meine Meinung allerdings komplett. Gerade wegen des Layouts und der Charakteristik eines ROTAX Max ist die Strecke eine Herausforderung. In der vorletzten Runde meines ersten Turns fängt es wieder zu regnen an. Mit den Slicks gepaart mit null Streckenkenntnis ist es das wahrscheinlich größte Geeiere in meiner Kartlaufbahn, aber ich bringe alles heile zurück.
Meine Regenerfahrung kann man an einer Hand abzählen: 2 x auf Regenreifen und 2 x auf Slicks bei leicht feuchter Bahn das jeweils auf Strecken, die ich in- und auswendig kenne. Das hier ist jedoch ne andere Nummer. Andererseits: Spaß macht es ja schon. Als ich zurückkomme sagt mir Ingo genau 3 Worte: „Üben, üben, üben“ Ausrufezeichen. Wo er Recht hat, hat er Recht…. So geht es am Freitag hin und her. Trocken, feucht, patschnass und umgekehrt. Der Tag endet mit vielen Erfahrungen mehr, einem verdreckten Kart, nassen Socken, Schuhen und einem Mega-Kohldampf. Nach einer heißen Dusche im Wohnmobil und einem warmen Eintopf wollte ich eigentlich noch durch das Fahrerlager schlendern, aber mir fallen um 22Uhr die Augen zu.
Samstag, 12. Juli.
Ich wache um 7:30 Uhr auf und habe das erste Mal seit Wochen „lang“ geschlafen. Man muss also zum Kartrennen fahren und endlich mal auspennen zu können… Das Wetter ist immer noch sehr durchwachsen, meist aber zu den Zeiten, wo wir in der Senior-CUP-Gruppe dran sind, trocken. Diese Bahn ist unglaublich selektiv. Es gibt sehr viele Stellen, wo man richtig Zeit liegen lassen kann und ich bin verdammt langsam unterwegs. Ich orientiere mich daher fleißig nach hinten und winke die Schnelleren sofort vorbei. Überholmöglichkeiten gibt es Dank der vielen Kehren ja mehr als genug.
Wer mich kennt, weiß, ich blockiere nicht. Warum auch? Es ist freies Training und es ist alleiniges Fahren angesagt. Einer oder eine, die das nicht zu kapieren scheint, begegnet mir in meinem 2. Turn. Nach (!) der Kehre, die auf der Gegengeraden folgt, bekomme ich, als ich schon komplett aus der Kurve heraus bin und gerade gestellt habe, einen Riesenschlag hinten links. Ich verliere das Kart zuerst nach rechts, dann kommt der Gegenpendler und ich gerate auf den Grasstreifen links. Da man hier normalerweise nicht grundlos abfliegt, stehen hier auch keine Reifenstapel sondern nur ein Fangzaun. Ich bleibe mit dem linken Hinterrad an einem der massiven orangen Zaunmasten hängen, wobei es mir die Achse zerreißt, werde herumgeschleudert und schlage mit der rechten Seite am folgenden Mast ein, dabei werden der Seitenkasten, dessen Halter, Sitzstrebe und Motorkühler zerstört. Das Kart sieht katastrophal aus. Auf den ersten Blick denke ich, dass ich einpacken und den Heimweg antreten kann. Da wir zu diesem Zeitpunkt bereits nach Gruppen getrennt trainieren kann der oder die Schuldige nur aus einem Kreis von max. 29 Teilnehmern stammen. Dennoch war es mir nicht möglich zu erkennen, wem ich die Misere zu verdanken habe. Jemand, der Anstand und Verantwortungsbewusstsein in sich trägt, wäre zu mir gekommen und wir hätten gemeinsam ausgemacht, wie die Sache zu regeln ist. Ein Fehler meines Gegners scheidet hier vollkommen aus! An dieser Stelle kann man nur mit voller Absicht rammen, indem man drauf hält. Es ist zum Glück „nur“ Sachschaden, aber die Geschichte hätte ganz übel ausgehen können. Metall kann man verbiegen, Knochen bekanntlich nicht! Schadenssumme ca. 600.- €. Das Chassis blieb wie durch ein Wunder gerade.
Kritik muss ich in diesem Zusammenhang leider auch am Veranstalter oder Bahnbetreiber üben. So eine Aktion (absichtliches Rammen mit schweren Folgen) im Rennen hätte ein Verfahren beim DMSB nach sich gezogen. Natürlich ist der offizielle Teil der RMC erst am Sonntag, aber die Trainingsfahrten am Samstag gehören unbestritten als Teil mit dazu. Vielleicht würde es sich der eine oder andere vorher überlegen, wie man sich auf der Strecke benimmt, wenn er wüsste, dass sein Handeln nicht nur am Sonntag Folgen nach sich zieht. Ich möchte in dem Zusammenhang auch an eine Aktion im Fahrerlager am Samstagabend zum Saisonauftakt in Wackerdorf 2007 erinnern: Dort gerieten 2 Mechaniker zweier konkurrierender Teams aneinander, worauf die Teams von der Teilnahme an der Veranstaltung am folgenden Tag ausgeschlossen wurden. Zurecht, wie ich meine!
Mein ganz klarer Aufruf an dieser Stelle an meinen Gegner: Wenn du mitliest, dann zeige die Courage und nimm Kontakt zu mir auf! Mein Ärger ist weg und ich würde die Angelegenheit gerne mit dem notwendigen Ernst aber sachlich mit dir durchsprechen!
Ist es wirklich wert um einer freien Runde willen, das Risiko von schweren Verletzungen an einem „Gegner“ einzugehen? Wir haben im Kart keine Sicherheitszellen!!!
Mein Trümmerhaufen steht nun also im Zelt und ich sitze bedröppelt davor und ertappe mich bei den Gedanken, nicht nur heimzufahren, sondern die komplette Saison hinzuwerfen. Aus den trüben Gedanken befreit mich erst der Vater von Peter Cordes, der ins Zelt kommt und mich zusammenstaucht: (laut) „Warum zum Teufel hockst du rum und schraubst nicht schon längst?!? Jetzt fang endlich an zu schrauben und dann geh raus und fahr, verdammt noch mal!“
Auf einmal stehen wir zu dritt am Kart, bauen alle runter, ersetzen Hinterachse, Lagerschale, Lager, der Seitenkasten wird gerade gefönt, ein fast passender neuer Seitenkastenhalter passend gemacht, der Kühler lässt sich gerade biegen und sieht immer noch schlimm aus, hält aber dicht. Das Kart wird vermessen und ist – Wunder!- noch gerade.
Nach der Mittagspause sieht man dem Kart bis auf den anderen Seitekastenhalter und dem krummen Kühler nichts mehr an. Ich gehe raus auf die Strecke und fahre auf Anhieb 1,3 Sekunden schneller…
Dennoch: Mein Abstand auf die notwendigen Zeiten bleibt immer im Bereich einer Sekunde. Hier straft mich meine mangelnde Streckenerfahrung. Es gibt Teams, die seit Dienstag (!) an der Strecke sind und fahren, fahren, fahren. Wenn ich jetzt mit meinen 39 Lenzen und meinem gebrauchten Kistenmaterial ankommen würde und nach einer Handvoll Sitzungen mit denen voll mitfahren könnte, würden entweder die anderen was grundfalsch machen oder ich wäre Teilnehmer an der falschen Serie.
Der letzte Turn fällt für mich wegen Regens aus. Es gibt nichts, was ich hier ausprobieren könnte. Für Sonntag ist sehr sicher trockenes Wetter angesagt. Meine Frau hält mich von zu Hause darüber via Internet auf dem Laufenden. Eigentlich komme ich mit dem Kurs gut zurecht – eigentlich…
Das bergab Stück, die Schikane und die sauschnelle Links sind ein Traum. Die dann 2 extrem engen Kehren gehen hervorragend, aber dann geht es los: Die Kehren sind ab den Kurvenscheiteln ein Alptraum. Meine Hinterachse gibt schrappende Geräusche wie ein Leihkart auf billigen Holzreifen von sich. Mein Motor dreht sich den Berg runter fast blöd, aber in den Kehren gurke ich am schlimmsten Punkt der Leistungskurve herum. Ich muss in den Kehren eine Einstellung finden, die mir 1500 Touren schenkt, damit ich das Beschleunigungspotential ausnutzen kann. Ich kann aber angesichts meiner Höchstdrehzahl (jenseits der 14.000 …) nicht kürzer gehen, es macht schlicht und einfach keinen Sinn. Das ist genau der Punkt, den ich vorher angeschnitten habe. Du musst den ROTAX hier am Laufen halten und das geht nur über das Chassis und angesichts des lächerlichen Gripniveaus des neuen Belags im oberen Streckenabschnitt nur durch sehr sehr sauberes Fahren.
Das Administrative der Veranstaltung bekomme ich diesmal fast überhaupt nicht mit. Die Reviereinweisung verpasse ich wegen meiner Hinterachsreparatur komplett. Die Nennung erledigt die Mutter meines Teamkollegen Sven Meißner mit. Ich muss nur noch die neuen Reifen aufziehen und zur technischen Abnahme, die nach 15 Minuten erledigt ist. Die ganze Abwicklung scheint diesmal reibungslos geklappt zu haben. Auch hier mein Dank an den Veranstalter: Habe ich diese Punkte letztmals zum Lauf in Wackersdorf harsch kritisiert, hat man mittlerweile daraus die richtigen Konsequenzen gezogen und die Abläufe in die richtige Richtung optimiert.
So kommt es, dass ich um 19:00 fertig mit allem bin. Während Ingo mit seiner Truppe ins Hotel fährt, mache ich mir mein Essen warm und tigere hoch zum Team Kreutz, wo wir uns bis ca. 22.00 unterhalten. Alte Seilschaft halt! Gegen 20.00 Uhr telefoniere ich mit einem Kumpel, der ebenfalls Kart fährt. Logisch, dass ich ihm die Story von meinem Crash in allen Details reindrücke. Da er zusammen mit seiner Familei bei mir zu Hause ist, weil sie gemeinsam mit meiner Frau und meinen Kindern unterwegs waren, bekomme ich auch kurze Zeit später gleich einen Anruf von meiner besseren Hälfte. Klar muss ich auch ihr alle Einzelheiten erzählen und gleichzeitig einige Mühe aufwenden, mir nicht ein sofortiges Startverbot einzufangen. Ich verspreche ihr hoch und heilig, nicht zu starten, wenn ich mich am kommenden Tag in irgendeiner Weise nicht wohl fühle oder etwas nicht in Ordnung sein sollte. Im Nachhinein muss ich ihr recht geben. Der Aufprall im Zaun war nicht ohne und meist merkt man nicht sofort, wenn man was abbekommen hat. Der Abend endet wieder im Wohnmobil. Gott sei Dank kommt auch in der Glotze nichts gescheites und ich darf zum zweiten Mal hintereinander "lang" schlafen – hurra!
Sonntag, 13. Juli – Rennen oder willkommen auf dem Boden der Tatsachen….
Es ist Sonntag und die Sonne scheint! Mann, was hab ich wieder mal Schwein! Bei der Fahrerbesprechung am Morgen macht Rennleiter Reinhard Tropp deutlich, was er am Start erwartet und dass gegebenenfalls die Rennen mit einem Sicherheitsstart unter Gelb erfolgen werden. Der Grund hierfür ist einfach: Die bergab Kurve nach Start und Ziel erfordert aller Erfahrung nach in nahezu jedem Rennen seinen Tribut. Man sagt, dass praktisch bei jedem Start hier 10 hängen bleiben würden. Auch ein sehr intimer Kenner der Szene, insbesondere der Strecke und vieler, vieler anderer Rennserien, die hier ausgetragen wurden, prophezeit mir dies. Da kommt Freude auf! Als ob der Schaden vom Samstag nicht reichen würde…
Zum Warm-Up probiere ich aus, was ich am Samstag nicht mehr testen konnte. Ein wenig besser geht es nun in den Kehren, aber so richtig toll ist es nicht. Ich flüchte mich in die typische Erklärung eines Rennfahrers: Hab ja schließlich noch uralte Schlappen von Wackersdorf drauf. Ich kann zwar technisch und fahrerisch mit den Profis nicht mithalten, aber deren Sprüche beherrsche ich allemal.

Zum Zeittraining wird es ernst. Die neuen Reifen müssen jetzt zeigen, was geht. Nur:Ich komme nicht ums Verrecken in die Puschen. Die schnellste Runde ist in der 5., mein Motor kommt nicht auf Temperatur, mir fehlen auf der Geraden über 350 Umdrehungen und in den Kehren klebt meine Hinterachse mit beiden Rädern am Boden. Warum zum Teufel immer dann, wenn es darauf ankommt? Die Quittung kommt in Form eines DIN A4 Blatt: 28ster, DRITTLETZTER PLATZ!!! Ich hätte am Samstag doch heimfahren sollen. 8o
Ich kann jetzt nur 2 Sachen unternehmen: 1. Herausfinden, was mein Motor hat (oder besser: was er nicht hat..) 2. Mich freuen, dass ich vom drittletzten Platz aus nicht Gefahr laufen werde, zu den obligatorischen 10 in der Wiese in der ersten Kurve zu gehören…
Zu Punkt 1: Ich habe geschrieben, dass die Sonne scheint. Offensichtlich bin ich aber zu doof, zu bemerken, dass im Juli bei Sonne und nahezu Windstille keine Außentemperatur von 13 °C passen kann, außer am Nürburgring vielleicht. Ich nehme also meine Wetterstation und lege sie eine Viertelstunde in die Sonne. Die Temperatur bleibt bei 13°C. Ich probiere daher aus, was die Temperaturanzeige macht, wenn man eine neue Batterie im stolzen Wert von 0,73 € einbaut und erhalte als Ergebnis, dass die Lufttemperatur über der Strecke, dort wo der Motor seine Luft her schnorchelt, schlapp den doppelten Wert hat. Und um einen letzten Zweifel auszuräumen frage ich Nachbar Cordes, ob ich mal einen Blick auf sein Profigerät werfen darf und stelle ernüchtert fest, dass die immense Investition in eine frische Batterie eine unglaublich wertvolle sein kann. Der darauf folgende Blick auf meinen klitschnassen Kolbenboden beseitigt den letzten zarten Zweifel. Bei einem Zeittraining zur RMC mit 2 Düsengrößen und 2 Nadelclips zu fett rauszugehen… - ich möchte gar nicht wissen, was bei den beiden hinter mir schiefgelaufen ist.
Prefinale:
Ich nehme vorher noch eine kleine Veränderung an der Vorderachse vor, weil ich mir davon was verspreche. Es kann eh nur besser werden. Der Weg in die Startaufstellung ganz nach hinten ist richtig weit. Die erste Reihe, die schon auf dem Bergab-Stück steht, sieht man fast nicht. Es folgen die beiden üblichen Einführungsrunden. Anscheinend bin ich von meinem tollen Logenplatz da hinten so fasziniert, dass ich den Start auch noch verpenne und gleich vor der ersten Kehre 2 Plätze (mehr gingen nicht…) abgebe. Ich bin also LETZTER. Allen Unkenrufen zum Trotz, gingen aber, wie in den anderen Rennen auch, die ersten Kurven sehr diszipliniert über die Bühne. Im ersten Geschlängel und auf der Gegengeraden tun mir dann aber doch einige den ersehnten Gefallen und verabschieden sich aus dem Renngeschehen durch Dreher, Fahrfehler, usw. Abstauben gehört mit zum Spiel und dazu muss man auch erstmal im Rennen bleiben. Meine Vorderachse und mein nun korrekt bedüster Motor ermöglichen mir doch noch den einen oder anderen Angriff, während ich 2 oder 3 Plätze aufgeben muss, da aus dem vorderen Feld Zurückgefallene wieder aufschlossen. Meine Rundenzeiten waren noch nicht berauschend, aber immerhin deutlich schneller als im Zeittraining. Ergebnis Prefinale: von Platz 28 vor auf Platz 21. Immerhin...
Finale:
Ich nutze die relativ lange Zeit vom Prefinale zum Finale unserer Gruppe, um schon mal zusammenzupacken. Das Kart bekommt eine geringfügige Korrektur am Vergaser, nochmals einen weiteren Schritt an der Vorderachse, da sich die erste Maßnahme ganz gut bewährt hat und fahren ließ. Ein kleines Handlingsproblem an der Hinterachse am Kurvenausgang versuche ich mit einer Maßnahme aus dem Lehrbuch zu lösen (was später auch funktionieren wird).
Um 15:30 Uhr gehen Ingo und ich gemeinsam zum Vorstart. Während das Junioren-Rennen noch läuft, wird ein Sanitäter angefordert. Kein gutes Zeichen normalerweise. In der Startaufstellung bekommen wir eine Benachrichtigung, dass sich der Start um ca. 15 Minuten verspäten wird, weil der Rennarzt mit einem verunglückten Junior mitfahren musste. Ich hoffe inständig, dass nichts Ernstes geschehen ist.
Auf Platz 21 stehe ich diesmal rechts. Die Kehre vor der Startlinie geht zwar links herum, aber bei dem Bummeltempo da hinten ist das kein Vorteil, die weite Linie fahren zu können, denn Schwung holen kann man dort fast nicht. Ich komme diesmal bei Start deutlich besser weg und muss auch nicht befürchten, von rechts eine mitzubekommen. Die erste Kurve geht auch wieder sehr gesittet, dann schon der erste Dreher im Mittelfeld. Es gibt wieder, wie im Prefinale Geschenke in Form von Ausfällen. Querschießenden Fahrzeugen kann ich gut ausweichen und halte mich aus allem raus, was Probleme machen könnte. Ich merke, dass ich diesmal wesentlich besser bei der Musik mit dabei bin, als zuvor und kann das eine oder andere Überholmanöver platzieren. Ich schließe sehr rasch zu einer Zweier-Gruppe auf, wo sich ein Sodi-Fahrer mit einem anderen Teilnehmer beharkt. Während mein erster Angriff noch abgewehrt wird, komme ich ausgangs der Kehre auf die Start-Ziel wesentlich besser als er raus (ja Leute, der vorher erwähnte Lehrbuch-Griff hat voll funktioniert) und kann ihn ausbeschleunigen. Allerdings steuere ich jetzt im wahrsten Sinne des Wortes auf ein Problem zu. Ich bin zu einer Drittel Kartlänge dem Sodi-Fahrer voraus und wir kommen parallel zu dem Linksknick vor dem Bergab-Stück. Da ich diese Kurve aber nicht richtig erwischen kann, weil ich von zu weit innen komme, kreuze ich die Gummispur nur und weil ich immer noch voll auf dem Gas stehe , drifte ich nach rechts ab, weil ich auf dem Gummiabrieb lande. Da der Sodi-Fahrer auch stehen lässt geht ihm die Straße aus und er muss durchs Gras. Für einen kurzen Moment kommt so was wie Mitgefühl auf, aber sorry – das war meine Kurve! Einmal kurz lupfen und du wärst direkt hinter mir gewesen.
Es waren noch 2 Überholmanöver dabei. Einmal Björn Brickwedde am Ende der Gegengerade, glaube ich, und einmal Isabel Schäfer, die sich von mir unter Druck setzen ließ und sich per Fahrfehler vor mir herausdrehte. Ich merkte im letzten Renndrittel, dass ich die schnellsten Runden meines ganzen Wochenendes drehen konnte (super Timing…) und dass ich rasch auf eine Gruppe aufschloss, aber das Rennen war zu kurz hierfür.
Ergebnis: Zieleinlauf auf Position 16, dann noch einen Platz wegen einer Zeitstrafe eines Teilnehmers geerbt, also 15. von 30. Mittendrin statt nur dabei! Bezeichnenderweise fahre ich meine schnellste Runde des ganzen Wochenendes in der vorletzten Runde des Rennens auf ziemlich herangenommenen Reifen. Sie lag 17 Tausendstel Sekunden unterhalb der schnellsten Runde des 5. Platzierten des Finales…
Zur Siegerehrung gibt es noch einen bewegenden Moment: Der Vater des so tragisch verunglückten überragenden Fahrer Stefan Bellof überreicht die Siegerpokale. Als RMC-Sprecher Botho Wagner Stefans Namen erwähnt, kann ich in den Augen Herrn Bellofs erkennen, dass dies Wunden sind, die ein Leben lang nicht verheilen können. Auch das sollte für uns alle Anlass genug sein, über unser Handeln auf der Strecke nachzudenken. Der Sicherheit kann man in diesem Sport niemals einen zu großen Spielraum beimessen, egal ob durch technische oder organisatorische Maßnahmen oder einfach nur durch Einschalten des eigenen Hirns!
Von den Rennen, die ich dort selber gesehen habe, würde ich mal behaupten, dass die RMC dort eine Visitenkarte abgeliefert hat, die sich sehen lassen kann!
Vor mir liegen nun wieder 5 Stunden Rückfahrt. Ich präpariere mich mit einer Flasche Cola. Die trinke ich sonst nie, aber der Coffein- und Zuckerschock gepaart mit den Resten des Adrenalins aus dem Rennen werden mich die nächsten Stunden wach halten. Mein Navi zeigt als Ankuftszeit 0:22 Uhr und um 0:19 Uhr stehe ich vor meinem Gartentor. Frauchen ist doch glatt wach geblieben und begrüßt mich mit einer langen Umarmung und einem dicken Schmatz und ich denke mir: Zu Hause ist es schon auch schön...