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Mein RMC-Blog - 4. Station Wittgenborn

Verfasst: Di 5. Aug 2008, 22:28
von bora33
Nachdem ich mittlerweile schon auf der Bahn während der Veranstaltung angesprochen werde, „ob ich denn auch wieder meinen Blog fortsetze???“, fühle ich mich natürlich in die Pflicht genommen, auch hier wieder das Erlebte aus meiner Sicht zu schildern.

Allerdings wurde ich nicht nur von Teilnehmern oder Betreuern, sondern auch schon im Vorfeld und während der Veranstaltung von „offizieller“ Seite der RMC-Deutschland angesprochen, denn es gab leider einigen Klärungsbedarf bezüglich dessen, was meinem letzten Rennbericht stellenweise an Beiträgen folgte.

Um es kurz zu machen und klar zustellen: Es ging und geht einzig und alleine darum, dass es von Seiten der RMC nicht akzeptiert werden wird, dass Personen ihrer Organisation aus dem vermeintlichen Schutze der Anonymität des Internets persönlich angegriffen und diskredidiert werden.

Ich zitiere hier mal relativ frei aber sinngemäß Peter Kessler aus einem längeren Gespräch vom Samstag mit mir: „Wenn jemand ein persönliches Problem mit einer Person oder deren Entscheidungen hat, soll er zu dem Betreffenden hingehen und das klären, sofern er genug Eier in der Hose hat, aber nicht anonym im Internet über jemanden herziehen.“

Eigentlich muss man dem nichts hinzufügen.

28 - 31. Juli: Die Vorwoche zur Veranstaltung.

Es ist das übliche Spielchen und die nur 2 freien Wochenenden zwischen dieser und der vorangegangenen Veranstaltung in Oppenrod machen deutlich, was das immer für ein Geschleppe und Gezerre ist. Man räumt von A nach B, von oben nach unten und umgekehrt. Ich merke, ohne eine gewisse Leidenschaft lässt sich dieser Zeitvertreib (Zeitvernichtung wäre der treffendere Ausdruck) nicht betreiben. Die Anreise ist für den Freitag Morgen angesetzt. Mein Plan: Am Mittwoch steht der Kartanhänger fertig gepackt in der Einfahrt. Am Donnerstag ist das Wohnmobil fertig bestückt und vorbereitet, ich gehe am Donnerstag früh ins Bett, um am Freitag um 4:00 Uhr morgens zu starten. Wie gesagt – das war der Plan. Die Realität – reden wir nicht drüber…

1. August – Los geht´s.

Mit einer dreiviertel Stunde Verspätung beginne ich meinen Trip Richtung Wittgenborn. Bei Erlangen gibt es ein fürchterliches Gewitter und ein paar Holländer mit Wohnwagen fahren bei diesen Bedingungen einen derartigen Stiefel zusammen, dass ich mich für eine kurze Pause an einem Parkplatz entschließe. Ich habe keine Lust diesmal schon bei der Anfahrt auf der Strecke zu bleiben. Ab Würzburg nehme ich die Landstraße Richtung Bad Orb und genieße auf freier Strecke die wunderschöne Landschaft durch das fränkische Weinland am Main entlang Richtung hessischer Spessart. Ich komme ja nun auch nicht gerade aus einer Ecke Deutschlands, die für Ihre Hässlichkeit bekann ist, aber der Landstrich hat schon auch was. Traumhaft, wenn auch stellenweise seeehr ruhig… Die Streckenvariante kostet ca. 5 Minuten mehr und spart fast 60 km.

In Wächtersbach dann die erste Ernüchterung: Ganz kurzfristig ist die Zufahrt nach Wittgenborn wegen einer Baustelle gesperrt und ich muss komplett um den ganzen Vogelsberg herum.

An der Strecke angekommen sehe ich schon Ingo Emenegger beim Einteilen unseres Platzes. Wir quetschen uns in eine Nische rein und können uns alles andere als vorwerfen lassen, den Platz nicht optimal zu nutzen. Andere verfahren dort mit den reichlich angebrachten Sperrbändern wesentlich großzügiger. Man muss sich eh wundern, wie dieses Fahrerlager auf der Anlage unterzubringen ist. Wenn das so weitergeht, muss man sich von der Organisation was überlegen, denn ich würde mich da nicht immer auf die Selbstregelung verlassen. Ich diskutiere am selben Abend noch die Problematik mit einigen Teams und eigentlich sagt jeder das gleiche: Vor der Saison sollte jeder Teilnehmer oder jedes Team seinen (realistischen) Platzbedarf darlegen und danach wird parzelliert. Mehr gibt´s dann eben nicht. Zum Glück ist mein Wohnmobil klein genug, um mich hinten auf dem Parkplatz noch reinzustellen. Wasser, Strom ist bei mit für 3 Tage egal – da bin ich vollkommen autark. Aber auch hier gibt es halt einige wenige, die meinen „nach mir die Sintflut“. Ein Einweiser würde hier Wunder bewirken! Und hieß es nicht, die PKWs sollen draußen stehen???

Da vor der Mittagspause nur noch ein Turn zu bewerkstelligen wäre, bauen wir zunächst unseren Platz und das Zelt akkurat auf und richten uns häuslich ein.

Am Nachmittag finden nur noch 3 Sitzungen statt. Dafür finde ich die 20 € für das Halbtagesticket zu happig, wen man bedenkt, dass das Tagesticket 30 € kostet. Ich will nicht wegen 5 € maulen, aber nicht nur mir ging es im Fahrerlager so.

An den Vogelsbergring habe ich eigentlich vom letzten Jahr her gute Erinnerungen. Hier gelang es mir zum ersten Mal, mich direkt für das Finale zu qualifizieren. Wer das alte System nicht kennen sollte – es war ziemlich fies: zunächst gab es ein Zeittraining für die ungeraden, dann für die geraden Startnummern. Die ungeraden Platzierungen des Qualifyings fuhren im Prefinale A die ersten ersten 12 Reihen links aus, die geraden im Prefinale B die ersten 12 Reihen rechts aus. Damit waren 24 Plätze weg. Der Rest musste in den Hoffnungslauf, wo die ersten 10 weiterkamen und die Plätze 25-24 des Finales füllten. Hoffnungslauf hieß meist Krieg und war dementsprechend beliebt. Ich konnte mich damals als 12. gerade noch direkt qualifizieren und hatte mein damaliges Ziel, an einem RMC-Finale teilzunehmen, damit erreicht.

Wie damals, machte mir auch diesmal auf Anhieb die Strecke tierisch Spaß. Nach meinem ersten Turn wussten wir sofort, wohin wir bauen müssen und zum zweiten Turn ging es dann deutlich flotter vorwärts.

Der Vogelsbergring ist eine richtige Cruiser-Strecke. Bis auf die leicht gekrümmte Start-Ziel-„Gerade“ ist man nur am Kurbeln. Wer hier sein Kart nicht richtig hinbekommt, wird überdurchschnittlich körperlich belastet, weil man dann nur am Korrigieren ohne Pause ist. Mir gelingt das Kunststück, schon am Freitag am Ende des Tages nach 3 Sitzungen diesen stabilen Zustand erreicht zu haben, wo es einfach nur Spaß macht das Ding fliegen zu lassen.

So wird es ein richtig überschaubarer Tag, den man mit einem guten Gefühl beendet. Ich präpariere mein Kart für den nächsten Tag, mache mir mein Essen warm, schnappe mir noch mein Guten Abend Bier und schlendere durchs Fahrerlager, wo ich letztlich bei den Teams Capliuk und später – wo sonst – Kreutz aufschlage. Allerdings werde ich auch diesmal nicht alt und ich lasse gegen halb elf den Tag zu Ende gehen.


2. August, Samstag – Die Feinarbeiten.

Der Samstag zeigt sich von seiner strahlenden Seite. Gleichzeitig macht mir das auch Sorgen: Seit Tagen verfolge ich die Wettervorhersage und ebenso wird seit Tagen wird für Sonntag Regen prophezeit. Wer meinen Oppenrod-Bericht gelesen hat, kennt meine mangelnde Erfahrung im Regen. Ich möchte nicht unbedingt erst im Rennen am Sonntag damit zu üben beginnen. Trotzdem, die Strecke macht mir tierisch Spaß. Dass ich diesmal deutlich flotter unterwegs bin, als in Oppenrod, ist im wahrsten Sinne zu spüren, denn weder am Freitag, noch am Samstag erhalte ich auch nur den Hauch einer Berührung an meinem Heckauffahrschutz. Und was ich von anderen erwarte, erwarte ich erst recht von mir. Obwohl ich etlichen wie ein Schatten folge und man uns gelegentlich mit einem Handtuch zudecken könnte, geht das alles berührungsfrei vonstatten. So macht es Spaß, so ist es einfach nur GEIL!

Bei dieser Gelegenheit gibt es auch eine Unzahl von Momenten, wo ich sehr genau studieren kann, mit welchen unterschiedlichen Problemen sich einige rumschlagen müssen. Man könnte aus dem Erlebten einen Set-Up-Guide verfassen: Den ganzen Samstag z.B. liegt mein Kart in den beiden Infields wie das sprichwörtliche Brett. Ich kann teilweise in diesen Passagen drastisch aufschließen. In den Passagen hingegen, wo wenig Lenkeinschlag, aber ein schnelles Umsetzen gefordert ist, fordert meine Einstellung eben wegen des gerade beschriebenen Verhaltens noch zuviel Tribut. Um den für Sonntag passenden Kompromiss zu erarbeiten, muss ich in einen neuen Satz Reifen investieren, denn ich fahre die Reifen aus Oppenrod ihrem Ende zu.

Gegen Mittag dann der Beginn des offiziellen Teils: Reviereinweisung, Nennung (die wieder von Sven Meißners Mutter für uns alle in einem Rutsch erledigt wird und keine 30 Minuten dauert. Dann Reifenausgabe. Während ich noch meine Nachmittags-Turns fahre fällt mir im Vorstartbereich ein Kart auf, an dem Betreuer von Heidenau arbeiten. Ich schaue genauer hin und ich entdecke, dass die Reifen des Karts mit einer grünen Linie gekennzeichnet sind und an den Seitenwänden keinerlei Prägung oder sonstige Kennzeichnungen haben. Der D1 hat eine weiße Linie, der D2 eine rote. Was die da wohl ausprobieren? Ich nutze die Gelegenheit und spreche danach einen der Jungs von Heidenau an und stelle ihm eine sehr spezielle Frage zu den D1-Reifen. Ich bekomme auch eine sehr spezielle Antwort und probiere das gleich in der darauffolgenden Sitzung aus. Was soll ich sagen? Hätte ich mal früher gefragt! Der Hinweis lässt sich sehr gut umsetzen und wird mir am Sonntag noch helfen. An dieser Stelle gleich ein Hinweis: Nachfrage bei mir zwecklos!

Meine Reifen fürs Rennen ziehe ich am späten Nachmittag auf. Ich hatte vor 2 Jahren ziemliche Probleme mit meinem linken Handgelenk und verwende seitdem eine Reifenschere. Unser Zeltnachbar sieht mir interessiert zu, mit welcher Leichtigkeit das Demontieren der alten Reifen abläuft und fragt schließlich, ob er sie sich mal zum Probieren leihen darf, was ich ihm gerne anbiete. Während ich meine Felgen in die neuen Reifen stecke und den ersten Reifen mit der Schere auf die Felge ziehe, holt sich unser nicht gerade als kraftlos bekannter Mechaniker Johann von RS-Motorsport meine anderen 3 Räder und schnappt die neuen Gummis allesamt mit den Fingern drüber, während ich noch die Zentrierscheibe der Schere aus meiner ersten Felge ziehe. Ich bin etwas irritiert und rate meinem interessierten Nachbarn vom Kauf der Schere wieder ab. Ist wohl besser, wenn er sich auch einen Johann zulegen würde…

Am Abend erfolgt technische Abnahme, die für mich ohne Wartezeit abläuft. Alles in allem geht das Ganze diesmal extrem entspannt seinen Gang und ich freue mich darüber, dass alles so reibungslos klappt.

Von der Bahn dröhnen wie auch am Freitag Abend auch die Motoren der Leihkarts. Deren Fahrer freuen sich wohl, endlich mal das Gefühl zu genießen, auf Gummi zu fahren. Bei uns im Fahrerlager stößt das allerdings bei allen, die ich anspreche eher leicht sauer auf. Leihkarts fahren meist auch viel Dreck auf die Bahn. Wir stellen uns den ganzen Tag auf kleinste Nuancen ein und am Abend verändert sich das alles wieder durch den Verleihbetrieb.

Ich mach mal ein Rechenspiel:

144 Teilnehmer zahlen für Freitag und Samstag insgesamt jeder 65 €, in Summe also 9.360 € nur Bahngebühr. Der Gummibelag, wenn ich davon ausgehe, dass jeder einen Satz Reifen nur für die Einstellfahrten braucht. stellt einen Wert von 144 x 149.- € , also knapp 21.500.- € dar (…). Da stellt sich doch jeder die Frage: Muss das denn mit den Leihkarts wirklich sein??? Wegen der paar hundert Euro mehr Umsatz?

Am Abend dann, nachdem wir alles für den Sonntag vorbereitet haben, schaue ich nach einer herrlichen Dusche in meinem Wohnmobil noch bei Familie Meißner, deren Sohn Sven bei uns im Team fährt, vorbei und wir gucken uns das Video von Oppenrod an, das Carlo Wolf heute vorbeibrachte. Es ist immer wieder klasse, welch professionelles Material er da immer zusammenstellt. Die Rennen an sich sind schon Spitze aufgenommen, aber am schönsten finde ich auch immer wieder die zusammengetragenen Impressionen aus den Zelten und dem Fahrerlager, dem ganzen drum herum eben. Ich habe mir vom letzten Jahr bereits aus Wittgenborn so ein Video gegönnt und ich kann es jedem nur wärmstens empfehlen. Man merkt einfach, dass der Carlo da mit Leib und Seele bei der Sache ist. Ist eine gute und lohnende Investition und zeigt Einblicke, die man einem Außenstehenden niemals durch Erzählungen vermitteln könnte.

Mein Tag endet um 23.00 Uhr und ich lege mich guter Dinge in meinen Alkoven.


3. August – Rennsonntag. ca. 5:00 Uhr.

Ein lautes anhaltendes Geräusch weckt mich auf. Ich kann es in meiner Schlaftrunkenheit zunächst nicht gleich zuordnen, aber nach einigen Sekunden kapiere ich, dass es schüttet wie aus Eimern. Na klasse! Alles für die Katz! Der Regen hält ziemlich an, ich kann aber wieder einschlafen, ändern kann ich sowieso nichts dran. Um kurz nach sechs wache ich erneut auf. Der Regen hat aufgehört, aber wir stehen so dicht mit unseren Wohnmobilen aneinander, dass ich bis ins kleinste Detail höre, wie mein Nachbar gerade den halben Spessart fällt und zu Kleinholz verarbeitet. Abartig!

Um sieben stehe ich auf und schaue aus dem Fenster. Die Wolken ziehen ganz tief und schnell über uns weg, aber dahinter schaut immer wieder etwas Blaues hervor. Vielleicht haben wir ja Glück.

Um 8 Uhr ist Fahrerbesprechung bei Start und Ziel. Neu ist, dass nun Listen ausliegen, bei denen man seine Anwesenheit durch Unterschrift bestätigen muss. Wer fehlt, blecht zukünftig 50 €. Finde ich gut! Man unterstreicht damit auch, welchen Stellenwert das Briefing hat.

Reinhard Tropp geht nochmals auf die Besonderheiten beim Vorstart in Wittgenborn ein, erläutert die Nutzung der beiden Ausfahrten, sowie, wie er sich das komplette Startprozedere durch uns vorstellt.

Aus einer Anmerkung zu Beginn des Briefings merke ich, dass ihn die teilweise persönlichen Angriffe, die hier auf meinen letzten Rennbericht gegen ihn leider folgten, nicht unberührt ließen. Ich gehe daher unmittelbar nach Ende des Briefings zu ihm, stelle mich ihm vor und wir tauschen uns ruhig und sachlich über die jeweilige Sichtweise und vor allem auch zukünftige Vorgehens- und Verhaltensweise aus. Jeder von uns hat die Erfahrung bereits gemacht und ich stelle dennoch immer wieder aufs Neue fest: Es ist immer der bessere Weg, wenn man bei einer Sache, die man zu klären hat, der betreffenden Person gegenüber steht und ihr ins Auge blicken kann. Das sollten sich alle immer vorher überlegen, wenn sie meinen, unter einem vermeintlich anonymen Deckmäntelchen ihre Animositäten ausleben zu müssen!


Warm-up:

Zu Beginn des Warm-up meiner Gruppe zeigt sich die Bahn noch stellenweise feucht mit einer abtrocknenden Ideallinie. Der Wetterbericht zeigt sich uneinheitlich. 75% Regenwahrscheinlichkeit. Ich entschließe mich, das Warm-up als reinen Funktionstest zu nutzen, baue etwas um, um dem nun sehr niedrigen Griplevel der Bahn Rechnung zu tragen und rolle raus. Ich fahre 4 Sekunden langsamer als gestern, aber ich fahre nicht auf Topzeit. Mein einziges Interesse besteht darin, zu lesen, wo es wie rutschig sein kann, wenn es feucht ist, an welchen Stellen der Bahn unter solch rutschigen Bedingungen das Chassis zu klemmen beginnt. Ich spare mir bewusst die Ecken, wo ich das Kart raushauen könnte, weil was soll mir das bringen? Es ist schon erstaunlich, mit welch einem Elan einige im Warm-up ihr Kart in die Planken oder Reifenstapel stopfen. Darauf habe ich weder Lust, noch das nötige Geld. Sehr aufschlussreich war, als Michaela Engelhard mich nach einigen Minuten im Geschlängel vor Start-Ziel überholt. Sie durchfährt dabei mit dem kurveninneren Vorderrad einen noch feuchten Streckenabschnitt und ich sehe, wie sofort der Dampf am Rad aufsteigt. Obwohl ich zu dem Zeitpunkt schon länger unterwegs war, dampft bei mir nix und ich (und der eine oder andere Leser) weiß sofort, was bei mir zu ändern war. Was mich jetzt nur noch bei ihr interessieren würde ist, ob sie während des Fahrens unterm Helm auch noch so gewinnend lächelt, wie sonst, wenn sie einem im Fahrerlager begegnet…

Zeittraining:

Eine meiner Schwachstellen ist und bleibt das Qualifying. Ich brauche immer zu lange Anlauf, um schnelle Zeiten zu fahren. Bis dahin ist der Reifenpeak meist vorbei und ich komme auf keine Zeiten.

Diesmal gehe ich die Sache gleich aggressiver an und ändere mein Reifen-Setup dahingehend. 10 Minuten vor Beginn zieht jedoch ein Schauer über die Bahn. Hektik bricht jetzt aus. Wir packen die Regenreifen in den Wagen, pumpen alle Räder auf, um die Luftkorrektur im Vorstartbereich vornehmen zu können. Das Chassis wird umgebaut, Regenkombi gepackt. Mit deutlich mehr Equipment als sonst gehen ich und mein Betreuer runter, aber der Regenschauer hat gleich wieder aufgehört, so dass wir, 2 kleine Ausnahmen abgesehen, wieder auf den ursprünglichen Zustand zurückbauen.

Es geht nun raus, die Bahn ist vollkommen trocken geblieben und ich rolle mich flott ein. Ab der 3.- 4. Runde müssen meine Zeiten kommen. Ich laufe jedoch schnell auf eine Gruppe auf und lasse mich nochmals zurückfallen. Dann gase ich an und die Zeiten purzeln. Durch das schonende Rollen zu Beginn dauert es doch zu lange, um den Reifenpeak zu erwischen, erst ab der 5. Runde fallen die Zeiten deutlich. Ich laufe aber schon wieder auf die nächste Gruppe auf. Meine schnellste Zeit ist nur eine 48,2. an den Sektorzeiten sehe ich zwar, dass ich noch schneller kann, erreiche die Gruppe aber im Infield vor der Ziellinie und weiß, dass es das war. Ich lasse mich noch einmal zurückfallen und versuche einen erneuten Anlauf, sehe aber, dass nichts mehr geht. Startplatz 16 von 31! In der Auswertung sehe ich, dass ich ab der 3. Runde anfing schnell zu werden. Eine 47,9 hätte drin sein müssen. Mist!

Der offizielle Aushang lässt lange auf sich warten, keine Ahnung, was vorgefallen war.

Prefinale:

Ich stehe also mal wieder in der Mitte des Feldes auf der Außenbahn und um mich herum die bekannten Gesichter. Da ich bisher im Rennen immer eine bessere Performance zeigte, rechne ich mir schon aus, Plätze gut zu machen. Der erste Startversuch wird abgebrochen, obwohl die Formation vor mir OK war. Ingo erzählte mir danach, dass es in der hinteren Hälfte eine große Lücke gab und das Feld nicht geschlossen war.

Bei zweiten Anlauf klappt alles und Rennleiter Tropp gibt das Rennen frei. Ich komme gut weg, aber vor mir biegen sie schon zu dritt nebeneinander in den ultraschnellen Linksbogen ein. Ich sehe zu, dass ich seitlich Abstand halte, um nicht weggeschoben zu werden, falls sich die 2 links neben mir nicht einig werden, dann geht es mit Karacho ins Infield. Eigentlich ist es pervers: Man sieht, wie sich 2 an den Vorderreifen berühren und sofort Qualm aufsteigt. Der nächste dreht sich vor einem raus und man zieht einfach innen rein, in der Hoffnung, dass da nicht schon wer ist. In der engen Linkskurve vor der Doppelrechts auf die Gegengerade passiert dann das Unvermeidliche: Es gibt ein Kuddelmuddel zwischen drei oder vier vor mir und ich muss in die Wiese zum Ausweichen. Da es sich auf Gras schlecht lenkt, touchiere ich mit meinem linken Vorderrad, das rechte Vorderrad eines anderen, hüpfe drüber und setze auf dem Curb hart auf. Dann komme ich auf die Strecke zurück. Am Ausgang der Doppelrechts auf die Gegengerade trägt es mich wieder auf die Wiese, weil mein verdrecktes linkes Vorderrad noch nicht so will, wie ich es bräuchte und ich kann mit Mühe ein Anschlagen an den Reifenstapeln verhindern. 2 Streckenposten springen zur Seite, ich blicke nach hinten und reihe mich gleich wieder ein.

Durch das S in Richtung Mauer fahre ich langsamer, da ich noch nicht den Zustand meiner Vorderachse kenne. Als ich auf die Kehre zubrettere sehe ich, dass mein Lenkrad etwas schief steht, aber das Kart einigermaßen geradeaus fährt. Ich beobachte meine Temperaturanzeige, achte auf das Einlenkverhalten, prüfe ob die Bremse geht (wegen des Curbs vorher) und kann normal die Kehre anbremsen. Ich durchfahre die 2 folgenden Kehren vor Start-Ziel verhalten, kann aber nichts Ungewöhnliches feststellen. Ingo sagte mir später, dass ich mich an Position 22 wieder eingereiht hätte.

Die Kragenweite ist dementsprechend…

Vor mir sind jetzt einige, die deutlich langsamer sind. Einen nach dem anderen tanke ich mich durchs Feld und laufe schließlich auf Björn Brickwedde auf. Auf der Geraden habe ich keine Chance, aber die 3 Kehren davor sind sein Problem. Ich habe am Samstag mir ihn bereits, sowie einige andere so hinlegen können, dass ich sie am Ausgang der ersten Kehre regelrecht ausbeschleunigen konnte. 2 Runden lang lege ich ihn mir zurecht, und starte dann meinen Angriff. Björn zieht nur minimal nach innen und sieht dann, dass es keinen Zweck hat und lässt mir superfair den notwendigen Platz. Vor uns nimmt am Eingang der Rechtskurve jemand den Ausgang und stellt sein Kart ab. Dann kommt meine Schrecksekunde: Am Streckenposten der letzten Kehre wird die grüne Flagge gehalten. Das bedeutet, dass davor Gelb gezeigt worden sein muss!!! Ich schaue rüber und tatsächlich, da steht ein Posten mit gelber Flagge! Das gibt´s doch gar nicht! Die kommenden 2 Runden achte ich bei der Vorbeifahrt am Rennleiter, ob ich Zeichen erhalte, aber es kommt nichts. Ich kann noch weitere Plätze gut machen, einmal in der Kehre auf der Bremse (es geht auch ohne Vorderradbremse!) und wie vorher etliche Male auch, am Ende der Start-Ziel, weil einige vor der schnellen Links doch lupfen. Zu allen muss ich sagen, dass sie sich absolut fair verhalten haben. That´s racing!

Nach der Auslaufrunde vor dem Wiegen steige ich aus und gehe zu Björn und frage ihn wegen der gelben Flagge. Er bestätigt mir aber das, was ich vermutet habe. Als wir nebeneinander auf die Rechtskurve zufuhren stellte ja dort einer gerade sein Kart ab. Wir hatten den Streckenposten also beide schon passiert, als dieser die gelbe Flagge zückte. Am Ende des Streckenabschnitts wurde dann logischerweise wieder Grün gezeigt. Uff!!! Es wäre das letzte, was ich brauche, zumal ich so was nicht als Kavaliersdelikt betrachte. Ich war selber schon mehrfach Streckenposten auch bei großen Rennen und das muss funktionieren!

Ergebnis: Als 16. gestartet, als 22. in die erste Runde rein und am Ende als 12. angekommen.

Im Zelt angekommen bauen wir die Vorderachse und die Lenkung ab. Die Lenskäule ist verbogen und die Spur stimmte nicht mehr. Gemessen daran waren die Zeiten durchaus noch ordentlich. Ich baue die Vorderachse wieder neu auf, vermesse das Kart und alles ist OK. Schweizer Wertarbeit ist hart im Nehmen (Trulli = Swiss Hutless) !

Finale:

Startplatz 12 heißt wieder Mitte, heißt wieder außen. Der Start klappt diesmal auf Anhieb und wir biegen wieder im Parallelflug ins Infield ein. Wieder steigt der Rauch auf, als die ersten bremsen, als die ersten sich beharken, aber ich komme an allem vorbei. In der Kurve, wo ich vorher durch die Wiese musste, eliminiert sich Isabell Schäfer selbst, indem sie auf den Curb aufsetzt und (so hörte es sich zumindest an) ihr die Antriebskette fliegen geht. Vor mir ist eine Gruppe, zu der ich den Abstand rasch verringern kann. aber ich merke auch, dass hier bereits das Überholen nicht mehr so leicht geht, wie im Prefinale. Ab der dritten Runde hänge ich ihnen hinten dran und merke, wie wenig Mühe es mich kostet, durch die Kehren ihnen zu folgen. Meine Abstimmung ist ein Traum und ich folge dem Trupp wie ein Schatten. Den ersten knöpfe ich mir am Ende der Start-Ziel vor und es ist wieder so einer, der vor dem Linksbogen lupfen muss. Ich ziehe innen rein und schließe gleich 2 Kurven später auf Daniel Hoppe auf, der sich mit Maximilian Bartle Saures gibt. Zweikampf macht langsam denke ich und schaue eine ganze Runde erstmal zu um zu anlaysieren, wo ich einen Angriff setzen könnte. Auch die beiden sind in den Kehren grottenlangsam, aber auf der Geraden muss ich sehen, dranbleiben zu können. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder Überraschungsangriff an einer Stelle, wo Daniel nicht vermutet angegriffen zu werden, oder aber ich versuche vor dem Infield meinen Abstand so zu setzen, dass ich durch meine höheren Kurventempi mehr Schwung auf die Start-Ziel mitnehme und am Eingang der Links mich daneben setzen kann. Ich probiere zunächst Variante 2. Im ersten Anlauf schließe ich zu schnell auf und kann meinen Vorteil nicht ausnutzen. Eine Runde später bekomme ich das Timing besser hin, aber in dem Streckenabschnitt der ganzen Start-Ziel ist gelb gezeigt. Erst am Eingang der schnellen Links kommt wieder Grün, das ist aber zu spät. Ich versuche daher Variante 1. In der vorletzten Kehre vor Start-Ziel fahre ich einen weiteren Bogen und versuche auf dem ganz kurzen Stück mich neben ihn zu setzen, aber eigentlich ist das utopisch. Es kommt, wie es kommen musste und Daniel schmeißt die Tür zu. Ich fahre voll über den Curb und berühre ihn recht unsanft mit meinem rechten Vorderrad am seinem Seitenkasten. Ich bin jetzt innen. Wenn ich stehen lasse, bleibe ich vorne, aber diese Art der Attacke ist das, was zu Recht kritisiert wird, also stecke ich zurück und probiere nochmals Variante 2 im kommenden Umlauf. Wieder an der Kehre, wo es vorher zwischen uns gerummst hat, kommt er schlecht rum, ich habe zum Glück genügend Anstand und kann Anlauf nehmen. Auf der Geraden, genau als der Max seinen zweiten Schub bei 13.500 Touren bekommt, habe ich nur noch einen Abstand von 10 Zentimetern und reiße links nach innen und komme vorbei!

Peter Kessler, der genau am Ende der Start-Ziel stand und auf einem quasi Logenplatz in der Wiese als zusätzlicher Sportkommisar für diese Veranstaltung eingesetzt war, hat da am Sonntag nicht nur von uns eine gute Show geboten bekommen. Und was ich sehen konnte, hat er genau hingeschaut…

Gut! Weiter zum Nächsten vor mir. Ich fahre jetzt wieder freier, merke aber, dass meine Vorderräder abbauen. Ich gebe ihnen daher eine Runde Erholung und es tritt genau das ein, was ich schon in Wackerdorf feststellen konnte: Die Reifen erholen sich rasch und man kann wieder attackieren. Eine Runde später hänge ich wieder dran. Ich bitte um Nachsicht, wenn ich jetzt nicht genau zusammenbekomme, wie das Manöver ablief. Ich glaube es war so, dass er in den Kehren vor Start-Ziel einmal etwas weiter rausgetragen wurde und ich vorbeiziehen konnte. Egal! Hauptsache vorbei! Der Nächste vor mir war Patrick Zipfel, aber er war schon zu weit weg. Ein Angreifen wäre angesichts der verbleibenden 3 Runden sinnlos gewesen. Nach hinten hingegen konnte ich den Abstand kontrollieren und so entschied ich mich die Position zu halten.

Ergebnis: Start von 12, Ankunft auf Pos. 8. von 31 insgesamt Gestarteten.

Als ich mit der RMC zu einem Rennen 2006 in Ampfing anfing, kam ich mit der Ambition anzukommen und nicht Letzter zu werden. Das hat leider wegen zweier technischer Defekte nicht funktioniert.

2007 war mein Ziel, mich für ein RMC-Finale zu qualifizieren. Das hat in Wittgenborn geklappt, ich kam durch und war nicht Letzter, wenn auch ziemlich hinten.

2008 wollte ich mittendrin schwimmen, was bisher ganz gut gelang. Jetzt haben mir nur 3 Plätze für einen Platz bei der Siegerehrung gefehlt…

Der Mensch kriegt wohl nie genug!

Mein RMC-Blog - 4. Station Wittgenborn

Verfasst: Di 5. Aug 2008, 22:34
von HollaDieWaldfee
wieder einmal ein toller bericht der Geschehnisse an der Bahn. Hut ab!

RE: Mein RMC-Blog - 4. Station Wittgenborn

Verfasst: Di 5. Aug 2008, 22:51
von schröder
@ bora33

Nur geil, dein Bericht. Hoffe, dass diese Aussage nicht der Zensur zum Opfer fällt.

Danke, das war lebhaft geschildert und hat beim Lesen ein heiden Spass gemacht.

Soll soll es sein.

Schröder

RE: Mein RMC-Blog - 4. Station Wittgenborn

Verfasst: Di 5. Aug 2008, 23:03
von KPB
Super Bericht. Hut ab!!!

KPB

Mein RMC-Blog - 4. Station Wittgenborn

Verfasst: Di 5. Aug 2008, 23:06
von CottonJoe
Es macht richtig Spaß, solche Berichte zu lesen.
Lebendig geschildert, man fühlt sich fast ins Kart versetzt, als wäre man dabei.

Hoffentlich war das nicht der letzte Bericht.

Gruß Joe

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Verfasst: Di 5. Aug 2008, 23:08
von Tobi@Toxic125
Super Bericht, Bora! :D
Da meint man immer, man ist live dabei!

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Verfasst: Mi 6. Aug 2008, 08:16
von pehaha
Bora, machst du dir während der Fahrt Notizen ???? :D :D

Oder hast du ein Diktiergerät im Helm :tongue:

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Verfasst: Mi 6. Aug 2008, 08:26
von lstoshi
Nice! :P

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Verfasst: Mi 6. Aug 2008, 08:44
von bora33
Ich mach mir tatsächlich Notizen am Wochende. Bei der Hinfahrt entsteht ein Grundgerüst, die Sachen, die ich schreiben will vom jeweiligen Tag, entstehen in groben Zügen am Abend, dann das, was einem sonst noch auffällt dazu.

Die Rennen sind relativ einfach: Ich weiß nicht, wie euch das immer geht, aber wenn ich fahre ist das bei mir im Kopf so, als wenn eine Highspeed-Kamera mitläuft. Ich kann das dann bei der Heimfahrt wieder richtig abrufen und überlege mir dann den Text schon relativ exakt. Das Schreiben geht dann so, dass ich das, was ich in meinem Kopf mir zurecht gelegt habe, eigentlich nur abschreibe. Das geht recht fix. Ich warte dann immer noch die Rennergebnisse unter http://www.camp-company.de ab, denn dort sehe ich dann nochmals alle Nummern, Namen, Rundenzeiten. Wenn es stimmig ist, geht´s online.

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Verfasst: Mi 6. Aug 2008, 09:38
von Kartvirus
Hallo Ragnar,

wieder ein top Bericht, habe von Kim schon viel geschildert bekommen und auf Deinen Bericht gewartet.

Wenn ich nicht ein soooo grosses Gewichtshandicap hätte würde ich auch mal als Gaststarter mit machen.

So muss ich mich mit der SAKM begnügen.

Lieben Gruss Wolfgang