ja, Karkar....oder soll ich Nein sagen ?
Wie erkläre ich das jetzt ?...Jetzt gehts vom Hundertsten ins Tausende.
Hast Du ein wenig Zeit ? Hast Du irgendein CAD ? Oder ein gutes Zeichenprogramm ? Oder einfach ein paar Blätter Millimeterpapier und Geodreieck ? Du kannst ja vereinfachen, brauchst ja nicht die Bewegung in 3D. 2D reicht ja zum Verständnis.
Mal folgendes angenommen - und das zeichnest Du am Besten jeweils mal mit einem gewissen Einschlagwinkel (vieleicht 20°) hin:
Die Befestigungspunkte an den Achsschenkeln liegen genau im rechten Winkel zu den Achsstummeln, und die Spurstangen sind an der Lenksäule nur in einem Mittelloch befestigt. Die Spurstangen sind in der Neutralstellung genau im rechten Winkel sowol zur Lenksäule als auch zu den Achsschenkeln.
Dann kannst Du lenken wie Du willst, der Einschlagwinkel der Räder zueinander ist immer gleich. Oder anders ausgedrückt: Die Differenz der beiden Einschlagwinkel, der Differenzwinkel, ist Null. Egal wie wir lenken. Die Strahlen der beiden Vorderräder treffen sich nie.
So, jetzt variieren wir das Ganze. Wir lassen die Spurstangen immer noch in der Mitte auf einem Loch, nehmen aber an den Achsschenkeln einen Befestigungspunkt, der mehr Richtung Chassismitte liegt. Und siehe da, der Differenzwinkel ändert sich, bzw. wir haben jetzt überhaupt erst einen Differenzwinkel. Die Strahlen treffen sich in einem Punkt, und sei er noch so weit vom ackermannschen Optimalpunkt entfernt. Das ist auch jetzt egal. Wir wollen ja nur das Grundsätzliche herausstellen.
Verlege jetzt mal die Befestigungspunkte noch weiter nach innen. Du siehst, die Strahlen treffen sich früher.
Nun gehts zur dritten Stufe. Jetzt machen wir die Spurstangen am Achschenkel wieder an die Befestigungspunkte, die im rechten Winkel zum Stummel stehen. Machen aber jetzt die Spurstangen an der Lenksäule an zwei voneinander entfernten Löchern fest. Jetzt lenkst Du zeichnerisch mal nochmal. Was passiert ? Es tritt der gleiche Effekt auf, wie wenn Du die inneren Punkte am Achsschenkel genommen hättest und an der Lenksäule die Mitte gelassen hättest: Die Strahlen verlaufen nicht parallel, sondern treffen sich in einem Punkt. Das Einzige was sich zu der Version "Achschenkel innen/Lenksäule Mittig" geändert hat, ist der Betrag des Differenzwinkels. Aber der Effekt ist der Gleiche.
Bei den meisten Karts haben wir eine Mischung aus Beidem. Wir haben im Normalfall zwei voneinander entfernte Punkte an der Lenksäule und am Achsschenkel zwei oder drei Alternativen.
So, und jetzt gehen wir zu einer Lenksäule über, die 4 Löcher hat. zwei oben und zwei unten. Jeweils voneinander entfernt.
Jetzt machste mal die Spurstangen an die von der Lenksäule weiter entfernten Löcher. Am Achsschenkel ist jetzt mal egal wo du sie fest machst. Such Dir was aus. Zeichne das aber so hin, daß die Spurstangen in der Neutralstellung immer noch im rechten Winkel liegen.
Jetzt lass lenken und schau wie groß der Differenzwinkel der beiden Vorderräder ist.
Jetzt lässt Du alles gleich und verlegst die Spurstangen an der Lenksäule nach oben hin. Die Spurstangen werden jetzt in der Neutralstellung nicht mehr im rechten Winkel liegen, sondern leicht schräg.
Das hat zwei Effekte:
1. Verlängerst Du die Spurstangen nicht, wird die Spur vorne auf gehen. Sagen wir mal das sind 2°. Diese 2° schleppst Du jetzt natürlich beim lenken mit. Das kurvenäußere Rad läuft 1° nach, und das innere 1° vor. Der Differenzwinkel der beiden Räder zueinander ändert sich. Und damit auch der Schnittpunkt der Strahlen.
Diesen Effekt nutzt man z.B. im Regen
2. Du verlängerst die Spurstangen so, daß Du wieder Null Spur hast. Die Spurstangen liegen also in der Neutralstellung leicht schräg. Wenn Du jetzt lenkst, wirst Du feststellen, daß sich der Differenzwinkel zwar ändert, aber in einem kleineren Umfang als wie wenn Du die Spur nicht korrigierst.
Zeichneste noch mit ?
Diese letzte Effekte lagen darin begründet, daß die Spurstangen leicht schräg verliefen. Wozu zu sagen ist, daß die Spur ohne Verlängerung der Spurstangen immer vorne auf geht, wenn die Spurstangen in der Neutralstellung im rechten Winkel liegen und dann an eine andere Position weiter von der Lenksäule weg oder näher hin gebracht werden. Das ergibt sich einfach aus der Geometrie.
Man kann das jetzt noch weiter verfeinern, in dem man an der Lenksäule nicht 4, sondern 6 oder wie bei der CRG Spezial-Lenksäule 10 verschiedene Löcher hat.
Es gibt auch Lenksäulen wie z.B. bei Jesolo/Parolin, die sind stufenlos und berücksichtigen schon die Spurveränderung beim Verlegen der Spurstangen.
Jetzt schauste mal nach Deinem Chassis und stellst mit verblüfften Augen fest, daß die Spurstangen bei Dir immer leicht schräg verlaufen. Egal, welche Position Du nimmst. Eine Position für "Spurstangen im rechten Winkel" gibt es nicht. Das ist normal.
Und zwar, weil die Hersteller ein Problem haben: Sie müssen versuchen mit dieser typischen Kart-Lenkung, die Bewegungen in allen 3 Achsen (X, Y und Z Richtung) vollführt, eine Lenkung hinzukriegen, die bei jedem Einschlagwinkel einen möglichst optimalen Differenzwinkel erzeugt. Das ist sehr, sehr schwierig. Deshalb wird mit allen möglichen Parametern jongliert: Befestigungspunkt am Achschenkel, an der Lenksäule und Schrägstellung der Spurstangen sowohl in X als auch in Z Richtung.
Bei vielen Chassis ist genau das der Knackpunkt zwischen "lässt sich gut fahren" und dem Gegenteil. Das ist aber alles eine Sache des Herstellers. Da liegen Welten. Du kannst dann die Einstellung der Herstellers bei Bedarf noch in gewissem Maße durch die Nutzung von verschiedenen Anlenkpunkten korrigieren.
> EDIT
Und - wie schon gesagt - Es ist nicht so, daß die Ackermannbedingungen unbedingt für ein Kart die optimalen Werte sind. Es ist wegen der starren Hinterachse absolut üblich, daß der Hersteller bewußt von den Bedingungen, wie sie der liebe Ackermann formuliert hat, abweicht um das Fahrverhalten zu beeinflussen. Das ist sogar bei einem Auto so. Da ist es sogar noch komplizierter, weil man die Fliehkräfte der Massen berücksichtigen muss und durch ein Abweichen vom ackermannschen Optimum z.B auf die durch die Antriebsart induzierten Momente reagiert. Jeder kennt den Einlenkeffekt beim Gas weg nehmen beim Fronttriebler, und das Schieben beim einlenken. Im Gesamtpaket des Fahrwerks spielt die Lenkung eine erhebliche Rolle.
Eigentlich erfüllen nur Kutschenfahrwerke oder Handwägelchen die Ackermannbedingungen. Jedenfalls dann, wenn sie Achsschenkellenkung haben.
EDIT <
Letzter und einfachster Effekt an der Lenksäule ergibt sich einfach aus der Länge des Hebels beim Lenken. Wenn Du die Spurstangen weiter von der Lenksäule weg anbringst, hast du eine größere Lenkübersetzung. Du brauchst weniger zu lenken um den gleichen Einschlagwinkel zu erzeugen.
...Und natürlich:
Auch wenn ich z.B. den Nachlauf ändere, ändere ich gleichzeitig auch die Differenzwinkel.
Denk jetzt mal in 3D: Weil der Nachlauf ja nicht Null ist und der Befestigungpunkt am Achsschenkel sowohl eine Bewegung Rechts-Links als auch Hoch-Runter vollführt. Damit ändert sich aber auch die Schrägstellung der Spurstange in der vertikalen Richtung....Die Änderung der Differenzwinkel ist zwar minimal, aber eine Änderung ist da. Ein Grund, warum es sich anders fährt, wenn der Lenkhebel vom Achsschenkel verbogen ist.
Alles ganz schön kompliziert. Gell ?
Ich hoffe ich hab mein Bestes gegeben. Ist zwar etwas viel, aber wenn Du das Stück für Stück durcharbeitest, sollte dir da niemand mehr ein X für ein U vormachen können. Vor allem kommst Du dann drauf, daß alles nur im Paket funktioniert, und Du einzelne Teile nur dann austauschen kannst, wenn sie 100% gleich sind.
Und nicht vergessen: Das ist Stufe 3 eines Setups. Bevor man sich da dran traut, sollte man mit Stufe 1 und 2 im Schlaf zurechtkommen. Sonst liegt man um Sekunden daneben.