Erst mal mein Beileid an ale Angehörigen.
habe das hier zufällig im Netz gefunden:
Geändert: 16.11.2006 20:55:19
Wer eine Gefahrenquelle schafft, muss die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zum Schutze Dritter treffen – Verkehrssicherungspflicht beim Kartfahren
Ein Kartbahn-Betreiber verletzt seine Verkehrssicherungspflicht, wenn die zur Verfügung gestellten Karts keinen Sicherheitsgurt, keine Rückenlehne, keine Kopfstütze und keine hinreichende Knautschzone aufweisen
OLG Düsseldorf vom 14.11.2003 - I-22 U 69/02
BGB § 254, BGB § 291 a.F., BGB § 823 Abs. 1, BGB § 847 a.F., ZPO § 139, AGBG § 11 Nr. 7, StVO § 5
Leitsatz
Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, wonach das Kartfahren auch für den nicht rennsport-orientierten Freizeitfahrer, der nur einzeln trainiert oder einfach aus Freude am Fahren fährt, als Motorsport anzusehen ist
Zum Sachverhalt:
Der Kläger verlangt Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen erlittener Verletzungen bei einem Unfall auf der von der Beklagten betriebenen Kart-Bahn. Die Beklagte betreibt in einer ehemaligen Industriehalle auf der T....str. 83 in D. unter der Bezeichnung Race-Kart-Center eine Kart-Bahn. Die gesamte Fahrbahn ist durch eine Reihe von Reifenstapeln, jeweils bestehend aus zwei übereinander liegenden und miteinander verschraubten Reifen, begrenzt. Die Reifenstapel sind zum Teil mit Flacheisen am Hallenboden befestigt und untereinander zur Fahrbahn hin mit einem ca. 30 cm hohen und ca. 15 - 20 mm starken Förderbandgummi versehen, so dass sich eine glatte Fahrbahnbegrenzung ähnlich einer nachgiebigen Leitplanke ergibt. Einzelne Reifenstapel in dieser Kette umschließen Doppel-T-Stahlträger, die das Hallendach tragen. Diese Reifenstapel waren zum Unfallzeitpunkt teilweise aus vier bis sechs Reifen, z.T. aber ebenso wie die übrige Streckenbegrenzung aus zwei Reifen aufgebaut.
Aus den Entscheidungsgründen:
Dem Kläger steht gegen die Beklagte dem Grunde nach ein Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gemäß den §§ 823 Abs. 1, 847 BGB a.F. wegen fahrlässiger Verletzung von Verkehrssicherungspflichten zu.
Zu Recht ist das Landgericht auch zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beklagte die ihr obliegenden Verkehrssicherungspflichten verletzt hat und die unfallbedingten Verletzungen des Klägers darauf beruhen.
Nach einhelliger Rechtsauffassung obliegt jedem, der eine Gefahrenquelle schafft, die Rechtspflicht, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zum Schutze Dritter zu treffen, damit sich das geschaffene Risiko nicht realisiert. Hierbei muss nicht für alle denkbaren, entfernten Möglichkeiten eines Schadenseintritts Vorsorge getroffen werden, denn eine Verkehrssicherung, die jeden Unfall ausschließt, ist nicht erreichbar. Es sind aber diejenigen Vorkehrungen zu treffen, die nach den Sicherheitserwartungen des jeweiligen Verkehrs im Rahmen des wirtschaftlich Zumutbaren geeignet sind, Gefahren abzuwenden, die bei bestimmungsgemäßer oder nicht ganz fern liegender bestimmungswidriger Benutzung drohen (BGH NJW 1985, 1076; 1978, 1629; Palandt/Thomas, BGB, 61. Aufl., § 823 Rn. 58).
Für Vergnügungsanlagen wie Autoscooter oder andere Fahrgeschäfte hat die Rechtsprechung diese allgemeinen Maßstäbe dahin konkretisiert, dass der Reiz solcher Einrichtungen gerade darin besteht, das für den Nutzer erkennbare Risiko zu beherrschen, weshalb der Betreiber die Nutzer nur vor solchen Gefahren schützen muss, die über das nach der allgemeinen Lebenserfahrung als anlagentypisch zu betrachtende Risiko hinausgehen.
Für eine Go-Cart-Bahn gehört es zum anlagentypischen Risiko, dass die Benutzer sich gegenseitig überholen, bedrängen und auch Berührungen mit anderen Fahrzeugen suchen und in Folge solcher Fahrmanöver auch gegen die Fahrbahnbegrenzung geraten.
Gegen die sich aus einer solchen Nutzung ergebenden Gefahren braucht der Inhaber der Go-Kart-Bahn deshalb im Grundsatz keine Vorkehrungen zu treffen, denn diese Gefahren sind typischerweise mit der Benutzung verbunden und werden von den Nutzern erkannt und grundsätzlich in Kauf genommen (OLG Karlsruhe, VersR 1986, 479 für die Gefahr, dass zwei zusammenstoßende Karts ein Hindernis für den nachfolgenden Fahrer bilden, dem er nicht mehr ausweichen kann).
Andererseits werden diese Einrichtungen in der Freizeit und deshalb häufig in gelockerter Stimmung aufgesucht und genutzt, weshalb Sicherungsmaßnahmen gegen leichtsinniges, nicht angepasstes und gegebenenfalls auch verbotswidriges Verhalten der Benutzer erforderlich sind (BGH VersR 1957, 247 - Kettenkarussell; BGH VersR 1977, 334 - Autoscooter; OLG Düsseldorf, NJW-RR 1994, 24 - Raupenkarussell; LG Bonn, VersR 1988, 1268 - Berg- und Talbahn).
Wie jedermann weiß, handelt es sich beim Motorsport um eine gefährliche Sportart, bei der Unfälle mit regelmäßiger Häufigkeit geschehen. Wegen dieser Häufigkeit von Unfällen, die auch mit schweren und schwersten Folgen verbunden sein können, sind die Sicherheitserwartungen der Nutzer von Motorsporteinrichtungen im allgemeinen und Kartbahnen im besonderen hoch anzusetzen.
Im konkreten Fall bestanden weitere Risikoerhöhungen durch das von der Beklagten zur Verfügung gestellte Kart. Das vom Kläger gefahrene Kart wies weder einen Sicherheitsgurt noch eine den gesamten Rücken abdeckende Sitzlehne noch eine Kopfstütze auf. Mit dieser Konstruktion war eine besonders erhöhte Gefahrenlage für den Fahrer im Falle eines Frontalaufpralls gegen ein starres Hindernis verbunden, denn die vorgenannten Sicherheitseinrichtungen hätten die hier eingetretenen Folgen eines Frontalunfalls, was allgemein bekannt ist, verhindern oder doch erheblich abmildern können.
Es bedarf hierbei keiner Entscheidung des Senats, welche konkreten Maßnahmen zu fordern sind, ob etwa (der Überlegung des Sachverständigen folgend) zu fordern ist, die Stützen derart abzupolstern, dass die Aufprallenergie weitgehend gefahrlos abgebaut wird, ob die Streckenführung "entschärft" werden kann, ob Konstruktionsänderungen an den Karts erforderlich sind, ob die Nutzung der Kartbahn von dem Gebrauch einer persönlichen Sicherheitsausrüstung abhängig zu machen ist, ob eine Mehrzahl dieser oder anderer Maßnahmen erforderlich ist oder ob sich ein hinreichendes Maß an Sicherheit wegen der Hallenstützen überhaupt nicht erzielen lässt.
Dass solche Maßnahmen technisch unmöglich oder wirtschaftlich unzumutbar wären, ist weder ersichtlich noch hinreichend dargelegt worden. Sofern ein hinreichendes Maß an Sicherheit in einer Halle mit Stützpfeilern nicht mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln erreichbar sein sollte, mag dies zu einer Verlegung der Bahn in eine andere Halle - vorzugsweise mit freitragender Decke - zwingen.
Der Senat vermag im Lichte der Gefahr für die Nutzer der jetzigen Anlage nicht zu erkennen, dass die damit verbundenen Kosten unzumutbar wären, zumal der Sachverständige betont hat, dass sich gleichartige Unfälle jederzeit wiederholen könnten.
Die Beklagte hat diese Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflichten auch als fahrlässig zu vertreten, denn bei Anspannung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte ihr nicht entgehen können, dass die getroffenen Vorkehrungen unzureichend waren und sich Unfälle in der geschehenen Art ereignen können.
Die damit begründete Haftung der Beklagten auf Schadensersatz gem. § 823 Abs. 1 BGB und auf Schmerzensgeld gem. § 847 BGB a.F. ist nicht durch Haftungsfreizeichnungen ausgeschlossen.
Der oben zitierte Aufdruck auf den Eintrittskarten sowie die Aushänge in der Halle, nach deren Inhalt die Haftung der Beklagten ausgeschlossen sei, stellen allgemeine Geschäftsbedingungen der Beklagten dar, die unwirksam und deshalb nicht Bestandteil des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags sind. Nach § 11 Nr. 7 AGBG, der hier anzuwenden ist (nunmehr § 309 Nr. 7 BGB n.F.), ist ein Ausschluss der Haftung für vorsätzliche oder grob fahrlässige Vertragsverletzungen, wie er hier vorliegt, in allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam.