Technik Grip
Verfasst: Di 28. Jun 2016, 15:41
[quote='Muzmuz','index.php?page=Thread&postID=291669#post291669']
Ja, daher "in der Regel" linear, an Hand der Formel F(horizontal) = F(normal) * µ(haft). Bei einer zu hohen Last fängt der Reigen zu schmieren an, was den Reibkoeffizienten µ(haft) absinken lässt. Trotzdem steigt die Seitenführungskraft in einem bestimmten Betriebspunkt mit der Normalkraft, wenn auch nicht linear (Ausnahme hier wäre ein Reifenplatzer
).
Daher: degressiver Bereicht heißt "keine lineare Zunahme", aber nicht "keine Zunahme" oder gar "Abnahme"
[/quote]
So wie du es jetzt schreibst stimmt es, aber eben wieder nur zum Teil. Damit die Formel stimmt muss eine Rahmenbedingung abgesteckt werden: Ausgangsbasis war ja der "lineare Zusammenhang von Querkräften und Normalkraft". Die oben genannte Formel gilt nur dann, wenn die Querkraft noch durch maximale Verspannung des Reifens auf dem Asphalt übertragen werden kann. In diesem Zusammenhang müsste zuersteinmal der Schräglaufwinkel (a) der Reifen betrachtet werden, da dieser es überhaupt erst möglich macht, dass Querkräfte übertragen werden können. Kein Schräglaufwinkel = keine (!) Querkraft, da kann der Haftreibbeiwert hoch sein wie er will. Die im Kartsport eingesetzten Reifen haben eine sehr hohe Schräglaufsteifigkeit c, für kleine Schräglaufwinkel gilt dann F(y)= c*a und eine geringfügige Erhöhung des Schräglaufwinkels ist dann linear mit einer deutlich erhöhten Querkraftübertragung verbunden. Dieser lineare Teil ist aber auch dementsprechend schnell vorbei, das war auch genau der Punkt warum ich der Meinung war, dass man es nicht so stehen lassen kann. Eine weitere Erhöhung des Schräglaufwinkels führt zwar weiterhin zu einer höheren übertragbaren Querkraft, da aber immer mehr Teile des Latsches von Haftreibung in Gleitreibung übergehen ist es ein deutlich degressiver Bereich der Kraft. Somit ist µ,max sowohl in Längs, als auch in Querrichtung eigentlich auch eine Systemkonstante, stark abhängig vom verwendeten Reifen, der Rauheit des Asphaltes und dem Wetter. Sobald man sie als variabel betrachtet (µ, y) muss auch der Schräglaufwinkel und die Relativgeschwindigkeit von Reifen und Asphalt mitbetrachtet werden. Ein Haftreibbeiwert in Abhängigkeit der Querkraft wird meines Erachtens im Automobilsport nicht betrachtet, hier gibt es spezielle Reibungsellipsen die eine Überlagerung von Längs- und Querkräften betrachten.
Andersrum gesprochen: Betrachtet man einen konstanten Schräglaufwinkel, z.B. in einer langgezogenen Kurve im Trockenen und erhöht im Verlauf der Kurve die Radlast auf dem Rennreifen, so ist der lineare Bereich des Reifens relativ schnell vorbei. Eine weitere Erhöhung der Last führt zu einer nicht-linear ansteigenden, weiteren Erhöhung der übertragbaren Querkraft um sich an einem Peak schlagartig sich zu verringern. Das ist der Punkt den jeder im Kart schonmal erlebt hat, wenn in einer langen Vollgaskurve plötzlich die Hinterachse instabil wird. Falls ältere Formelfahrer unter uns sind kennen sie das wesentlich extremer: durch aerodynamischen Abtrieb können die Reifen an diesen Punkt gebracht werden. Da in der Kurve im Gegensatz zum Kart kein zweiter Reifen als „Backup“ da war führte das fast unweigerlich zum Abflug, bestenfalls zum Ausritt ins Kiesbett…
Anders ist es im Regen: Die Verspannung des Latsches auf dem Asphalt über den Schräglaufwinkel funktioniert immer noch genauso wie im Trockenen. Der Unterschied ist, dass µ,max deutlich geringer ist. Hier ist der lineare Bereich größer, die Radlast wirkt dem Aufschwimmen des Reifens entgegen und mehr Radlast geht sehr viel länger einher mit mehr übertragbarer Querkraft, da sie zuerst den Kontakt zwischen Reifen und Fahrbahn überhaupt herstellt. Das ist z.B. auch der Grund warum die Spur geöffnet wird, da bei Geradeausfahrt schon Querkräfte und Schräglaufwinkel auf den Vorderreifen sind und zum einen für Temperatur sorgen und zum anderen für eine direktere Lenkung, da der Latsch schon „vorgespannt“ ist.
Ich würde von der o.g. Formel im Kartsport auch Abstand nehmen. Oftmals sind µ,y,max Werte für Automobilrennreifen auf dem spezifischen Asphalt der Rennstrecken bekannt und die Ingenieure können über Simulationen darüber Setupparameter auswerten und Radlasten und Kurvengeschwindigkeiten optimieren, im Kartsport ist das anders. Zum einen sind die dynamischen Anteile der Radlasten exponentiell höher, aber nicht genau ermittelbar und im gut abgestimmten Fall übertragen nicht zwei Hinterreifen die Gesamtheit der Querkräfte, was bedeutet, dass ohne Reifenprüfstand gar nicht wirklich ermittelt werden kann wie die maximalen Haftreibbeiwerte für einen einzelnen Reifen überhaupt aussehen. Irgendwo bei 2-3 wird er liegen…
Ja, daher "in der Regel" linear, an Hand der Formel F(horizontal) = F(normal) * µ(haft). Bei einer zu hohen Last fängt der Reigen zu schmieren an, was den Reibkoeffizienten µ(haft) absinken lässt. Trotzdem steigt die Seitenführungskraft in einem bestimmten Betriebspunkt mit der Normalkraft, wenn auch nicht linear (Ausnahme hier wäre ein Reifenplatzer

Daher: degressiver Bereicht heißt "keine lineare Zunahme", aber nicht "keine Zunahme" oder gar "Abnahme"
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So wie du es jetzt schreibst stimmt es, aber eben wieder nur zum Teil. Damit die Formel stimmt muss eine Rahmenbedingung abgesteckt werden: Ausgangsbasis war ja der "lineare Zusammenhang von Querkräften und Normalkraft". Die oben genannte Formel gilt nur dann, wenn die Querkraft noch durch maximale Verspannung des Reifens auf dem Asphalt übertragen werden kann. In diesem Zusammenhang müsste zuersteinmal der Schräglaufwinkel (a) der Reifen betrachtet werden, da dieser es überhaupt erst möglich macht, dass Querkräfte übertragen werden können. Kein Schräglaufwinkel = keine (!) Querkraft, da kann der Haftreibbeiwert hoch sein wie er will. Die im Kartsport eingesetzten Reifen haben eine sehr hohe Schräglaufsteifigkeit c, für kleine Schräglaufwinkel gilt dann F(y)= c*a und eine geringfügige Erhöhung des Schräglaufwinkels ist dann linear mit einer deutlich erhöhten Querkraftübertragung verbunden. Dieser lineare Teil ist aber auch dementsprechend schnell vorbei, das war auch genau der Punkt warum ich der Meinung war, dass man es nicht so stehen lassen kann. Eine weitere Erhöhung des Schräglaufwinkels führt zwar weiterhin zu einer höheren übertragbaren Querkraft, da aber immer mehr Teile des Latsches von Haftreibung in Gleitreibung übergehen ist es ein deutlich degressiver Bereich der Kraft. Somit ist µ,max sowohl in Längs, als auch in Querrichtung eigentlich auch eine Systemkonstante, stark abhängig vom verwendeten Reifen, der Rauheit des Asphaltes und dem Wetter. Sobald man sie als variabel betrachtet (µ, y) muss auch der Schräglaufwinkel und die Relativgeschwindigkeit von Reifen und Asphalt mitbetrachtet werden. Ein Haftreibbeiwert in Abhängigkeit der Querkraft wird meines Erachtens im Automobilsport nicht betrachtet, hier gibt es spezielle Reibungsellipsen die eine Überlagerung von Längs- und Querkräften betrachten.
Andersrum gesprochen: Betrachtet man einen konstanten Schräglaufwinkel, z.B. in einer langgezogenen Kurve im Trockenen und erhöht im Verlauf der Kurve die Radlast auf dem Rennreifen, so ist der lineare Bereich des Reifens relativ schnell vorbei. Eine weitere Erhöhung der Last führt zu einer nicht-linear ansteigenden, weiteren Erhöhung der übertragbaren Querkraft um sich an einem Peak schlagartig sich zu verringern. Das ist der Punkt den jeder im Kart schonmal erlebt hat, wenn in einer langen Vollgaskurve plötzlich die Hinterachse instabil wird. Falls ältere Formelfahrer unter uns sind kennen sie das wesentlich extremer: durch aerodynamischen Abtrieb können die Reifen an diesen Punkt gebracht werden. Da in der Kurve im Gegensatz zum Kart kein zweiter Reifen als „Backup“ da war führte das fast unweigerlich zum Abflug, bestenfalls zum Ausritt ins Kiesbett…
Anders ist es im Regen: Die Verspannung des Latsches auf dem Asphalt über den Schräglaufwinkel funktioniert immer noch genauso wie im Trockenen. Der Unterschied ist, dass µ,max deutlich geringer ist. Hier ist der lineare Bereich größer, die Radlast wirkt dem Aufschwimmen des Reifens entgegen und mehr Radlast geht sehr viel länger einher mit mehr übertragbarer Querkraft, da sie zuerst den Kontakt zwischen Reifen und Fahrbahn überhaupt herstellt. Das ist z.B. auch der Grund warum die Spur geöffnet wird, da bei Geradeausfahrt schon Querkräfte und Schräglaufwinkel auf den Vorderreifen sind und zum einen für Temperatur sorgen und zum anderen für eine direktere Lenkung, da der Latsch schon „vorgespannt“ ist.
Ich würde von der o.g. Formel im Kartsport auch Abstand nehmen. Oftmals sind µ,y,max Werte für Automobilrennreifen auf dem spezifischen Asphalt der Rennstrecken bekannt und die Ingenieure können über Simulationen darüber Setupparameter auswerten und Radlasten und Kurvengeschwindigkeiten optimieren, im Kartsport ist das anders. Zum einen sind die dynamischen Anteile der Radlasten exponentiell höher, aber nicht genau ermittelbar und im gut abgestimmten Fall übertragen nicht zwei Hinterreifen die Gesamtheit der Querkräfte, was bedeutet, dass ohne Reifenprüfstand gar nicht wirklich ermittelt werden kann wie die maximalen Haftreibbeiwerte für einen einzelnen Reifen überhaupt aussehen. Irgendwo bei 2-3 wird er liegen…