Teil 2: It's Raceday
Gerne würde ich jetzt schreiben: Nach den Trainingstagen hatten wir alles verstanden und konnten es am Samstag in gute Ergebnisse umwandeln. Doch im Motorsport läuft nicht immer alles wie man es sich erhofft

Daher hier die Wahrheit:
Es begann am Samstagmorgen bei noch nassen und kühlen Bedingungen. Im Warm up waren noch Regenreifen angesagt. Dadurch, dass wir nur unter WM-Bedingungen getestet haben, konnten wir beim Setup nicht so frei agieren wie die Anderen. Der Standard Sitz ist sehr hart, nur die Standard Achse sowie begrenzt in den Einstellmöglichkeiten an der Vorderachse. Wir haben diese kleinen Nachteile, speziell im Regen, in Kauf genommen. Es ging schließlich darum mit dem Material zu trainieren, was wir so auch beim Weltfinale fahren müssen. Vermutlich hätten wir mehr Performance im Regen rausholen können, haben daher aber auf diese Setup-Optionen verzichtet. Mit P11 von 20 waren wir mittendrin im starken Feld.
Grad rechtzeitig für das Quali war es dann abgetrocknet aber immer noch recht kalt. Für uns war das bereits das ganze Wochenende der schwierigste Part. Wir haben das Birel nur bei viel Grip richtig zum Arbeiten bekommen. Morgens war es noch zu frisch und wir konnten überhaupt keinen Grip auf der Hinterachse generieren. Dementsprechend hatten wir Probleme die Hinterachse im Zaun zu halten und sind ordentlich rumgerutscht. Ergebnis: P14.
Von dem schwachen Quali sollte ich mich leider nicht mehr erholen. Damit war der Startplatz im chaotischen hinteren Mittelfeld gleich für 3 Rennen gesetzt. Dazu fing es zu Heat 1 wieder an zu schütten.
Heat 1 war trocken, Heat 2 und 3 waren nass. Ich fasse das mal etwas kürzer zusammen, da ich gar nicht mehr genau weiß wann was war.
Iwie verlief meine erste Rennrunde fast immer katastrophal. Einmal musste ich beim Start einer Kollision ausweichen und durch die Wiese, einmal wurde ausgerechnet mein Teamkollege so ungünstig vor mir langsam, dass er mich eingeklemmt hat und ein ganzer Zug vorbei kam, einmal habe ich mich mit einem Konkurrenten verhakt und habe dadurch 3 Plätze verloren, ungünstige Starts etc.
Ich habe es geschafft in 4v5 Rennen in der Anfangsphase letzter oder vorletzter zu sein. Wenn ich beim Weltfinale auch so fahre, kann ich auch zu Hause bleiben
Sei es auch manchmal Pech gewesen, daran muss ich arbeiten...
Aus diesen Positionen war nicht mehr viel zu machen. Teilweise fuhr das gesamte Feld innerhalb von 0.2s in der schnellsten Rennrunde.
Ergebnisse der Rennen:
Heat 1: P14 dank 5s Zeitstrafe
Heat 2: P17 dank 8s Zeitstrafe
Heat 3: P9
Superheat: P11
Finale: DNF (Heckauffahrschutz hing runter)
Es lief also sehr durchwachsen. Nicht unbedingt das, was ich mir als Vorbereitung für das Weltfinale erhofft hatte.
Generell war das Fahrerfeld aber wirklich stark besetzt. Die Weltfinal-Teilnehmer aus Finnland, 2x Deutschland, Holland, Belgien etc waren dabei (sind jedoch alle auf ihrem gewohnten Material gefahren) sowie viele weitere sehr starke Fahrer. Das war das stärkste Feld, in dem ich bisher mitgefahren bin.
Das soll aber keine Ausrede sein. Ich weiß wo meine Schwächen/Fehler lagen und kann darauf lernen. Dazu haben wir wertvolle Erfahrungen mit dem ungewohnten Material gesammelt.
Und gleichzeitig ziehe ich daraus auch den einzigen positiven Punkt: Die reine Pace im trockenen war nicht schlecht. In allen trockenen Rennen wären wir schnell genug für vordere Plätze gewesen. Ich konnte es nur nicht umsetzen weil ich immer hinten drin hing. In diese Position darf ich mich gar nicht erst bringen.
Wenn ich sowas wie ein Ziel hatte vor dem Wochenende, dann war es bis auf 0,2 - 0,3 Sekunden auf die schnellsten Zeiten ranzukommen. Mit meinem OTK wäre das nicht mein Anspruch. Unter Berücksichtigung der Gegebenheiten war das jedoch eine Messlatte und ich war alles andere als sicher ob wir das auch mit einem fremden Kart umsetzen können. Tatsächlich waren es immer zwischen 0,1 und 0,3 Sekunden auf die allerschnellste Runde. Mit Saarniala war auch der erfolgreichste Birel DD2 Fahrer der Welt am Start. Er fuhr unter vergleichbaren Bedingungen, sprich mit gleichem Chassis, und lag im Schnitt nur gut eine Zehntel vor mir.
Neben den selbstkritischen Aspekten, versuche ich das als positiven Punkt mitzunehmen.
Man darf nie vergessen, wie wichtig das passende Material zum eigenen Fahrstil ist. Ich bin lange genug im Motorsport um schon meine eigenen Erfahrungen mit diesem Fakt gemacht zu haben. Aber man sieht es auch hoch bis zur Formel 1 ! Selbst dort gibt es reichlich Beispiele, bei denen ein sehr guter Fahrer plötzlich keine guten Leistungen mehr zeigen kann, weil er mit dem Material nicht gut zurecht kommt. Riccardo, Vettel, Perez, Hamilton, ja sogar ein Max Verstappen in Baku zuletzt.
Insofern hatte ich großen Respekt vor dem fremden Material. Die Probleme werden beim Weltfinale alle haben, die sonst nicht Birel fahren
Wirklich meins wird es wohl nicht werden. Ich muss meinen Fahrstil anpassen und werde meiner größten Stärke beraubt. Dafür waren wir im trockenen aber gut bei der Musik.
Weiter geht es erst in Italien. Die Vorbereitungen sind weitestgehend abgeschlossen. Flüge und Unterkünfte sind gebucht, Packliste geschrieben, Klamotten bestellt etc. Die Aufregung steigt mit jedem Tag etwas an und ich freue mich schon auf ein sehr großes Abenteuer. Der Blick ist nach dem letzten Wochenende vllt etwas klarer, der Respekt dafür umso größer. Das Ziel war immer mitzufahren und dabei bleibt es auch zunächst
