Wie kann ein Rahmen weich werden?

Rund um das Chassis, egal ob Tony, CRG, Birel, Topkart usw.
Börsch
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Wie kann ein Rahmen weich werden?

Beitrag von Börsch »

Hallo,

nicht nur im Kartsport kommt man immerwieder auf die Behauptung / Erkenntnis , dass ein Rohrramen, der im Laufe seines Lebens schon vielen Belastungen ausgesetzt war "weich" wird.

Ich möchte mal ganz einfach die Frage stellen, wie kann das sein?
Der einzigste Materialwert, der die Elastizität (und somit die Steifigkeit) beschreibt, ist der Elastizitätsmodul.
Ich habe von noch keinem mechanischen Vorgang gehört, mit dem man den E-Modul eines Stahls großartig verändern kann?
Ich habe von einer Studie gelesen, die ebenfalls gezeigt hat, dass das e-modul von "harten" und "weichen" Achsen maximal im Bereich von 2% voneinander abweicht, was auf verschiedene Legierungszuschläge zurückzuführen ist. Aber das ist ein anderes Thema.

Ich frag einfach mal: Kann mir jemand für das "weichwerden" eines Rahmens durch mechanische Einwirkung IM ELASTISCHEN BEREICH eine fundierte Erklärung liefern?
Zuletzt geändert von Börsch am Mi 30. Mär 2011, 21:11, insgesamt 1-mal geändert.
Ehemaliger User 7
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RE: Wie kann ein Rahmen weich werden?

Beitrag von Ehemaliger User 7 »

Sollen wir jetzt in die Tiefe gehen oder reicht Dir "Ermüdungsbruch" ?

Hier spielt die Schwingfestigkeit des Materials eine große Rolle. Diese gibt an, wieviele Lastwechsel einer bestimmten Amplitude ertragen werden können, bevor Versagen einsetzt, und dann hast Du den Ermüdungsbruch.

Nix anderes ist zum Beispiel bei dem Zugunglück von Eschede passiert, denn da war auch Materialermüdung dafür verantwortlich.

Hier noch eine Slowmotion aus Hagen, wo man ziemlich gut erkennen kann, wie sehr ein Kart beansprucht wird.
Der Fahrer allerdings auch. :D

http://www.youtube.com/watch?v=WMTBmIwof18
Mache die Dinge so einfach wie möglich - aber nicht einfacher.


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Börsch
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Wie kann ein Rahmen weich werden?

Beitrag von Börsch »

... ich würde gerne in die Tiefe gehen :-)

Okay, dass man nen Rahmen rechnerisch nicht dauerfest auslegen kann ist klar(klar?).
Wir befinden uns wohl etwas höher auf der Wöhlerlinie (Zeitfestigkeitsbereich)
Aber, ich greif da mal ne Definition vom wissenschaftlich hochfundierten Wikipedia auf:
"Im Unterschied zum Gewaltbruch wirken auf den Werkstoff Spannungen bedingt durch schwellende oder schwingende Belastung ein, die unterhalb der Streckgrenze, also im elastischen Bereich, liegen"

Da hat Wiki ausnahmsweise mal recht, elastischer Bereich. Aber nen Dauerbruch steht ja nicht im Zusammenhang mit einer Ändeung des E-Moduls ("weich werden"). Vielmehr geht man bei der Theorie davon aus, dass der Dauerbruch in einer mikroskopisch kleinen Kerbe entsteht und diese dann wächst und schließlich zum Dauerbruch führt.
Sprich: Die Zahl der ertragbahren Lastwechsel ist überschritten. Aber ich find nirgends dass sich der E-modul ändert, wenn man sich dieser Zahl annähert. Sprich: Gleiches E-Modul bis zur letzten Schwingamplitude oder?

Ich will ja nicht bestreiten dass ein Chasis weich werden kann, mir fehlt nur die wirklich fundierte Erklärung.
Zuletzt geändert von Börsch am Mi 30. Mär 2011, 22:02, insgesamt 1-mal geändert.
Börsch
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Wie kann ein Rahmen weich werden?

Beitrag von Börsch »

P.S. ...Ich kenn das Video, aber es sieht jedes mal aufs neue echt schaudrig aus! :-)
Zuletzt geändert von Börsch am Mi 30. Mär 2011, 22:13, insgesamt 1-mal geändert.
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Mach1Kart
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Wie kann ein Rahmen weich werden?

Beitrag von Mach1Kart »

Nur mal so als Einwurf - wie Du selber schon sagst sind die Unterschiede beim E-Modul vernachlässigbar - und trotzdem merkst Du gravierende Unterschiede im Fahrverhalten zwischen diversen Stahlen sowohl beim Hinterachsmaterial als auch beim Rahmenrohr...
Und noch was - wrum soll sich das "weich werden" nur auf den elastischen Bereich beziehen? Man beobachte mal bei den als besonders weich bekannten Marken die Veränderung des ursprünglichen Sturzwinkels...
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Börsch
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Wie kann ein Rahmen weich werden?

Beitrag von Börsch »

Merke ich diese Unterschiede auch wenn ich zwei geometrisch gleiche Achsen verschiedenen Materials habe?... Okay, dann scheinen 2% in diesem Fall nicht irrelevant zu sein. Ich kann da leider nicht aus Erfahrung sprechen, da ich nur wenig davon habe. Aber wie gesagt, wollte keine Hinterachsdiskussion auslösen.

Die Sache mit der Veränderung des Sturzwinkels ist mir auch unbekannt, eben aus fehlender Erfahrung. Bei Federn im Maschinenbau z.B. spricht man von "setzten". Das heißt, dass z.B. eine Tellerfeder erst Ihre eigentliche Federkonstante nach einigen "wenigen" Lastwechseln erreicht, diese aber dann relativ konstant bleibt. Danach hat eine Feder eher die Tendenz "härter" zu werden. Diese Änderung ist aber vernachlässigbar klein.
Kann man da wohl paralellen ziehen?
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jp-stahl
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Wie kann ein Rahmen weich werden?

Beitrag von jp-stahl »

Ich denke ja! Das setzen, bzw. weich werden, läuft im Fenster der Zeitfestigkeit (in der die durch das Material aufnehmbare Spannungsamplitude abnimmt) ab, danach folgt bekanntlich die Dauerfestigkeit (Spannungsamplitude konstant).

Wenn ein Rahmen bricht, ist entweder die vorgesehene Lastspielzahl überschritten worden, oder die für das Material ertragbare Mittelspannung.

Das E-Modul sollte bis dahin weitgehend gleich bleiben (im elastischen Fall).
Gruß Jan
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Tremmler
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Wie kann ein Rahmen weich werden?

Beitrag von Tremmler »

hallo ich denke auch, dass das "weich werden" des stahlt also eine veränderung des E moduls um 2 prozent zu vernachlässigen ist... es liegt wohl eher an mikro rissen, welche sich aufgrund der Be- bzw. Endlastung vergrößern.
In einer anderen Art und Weise kann ich mir diese Behauptung kaum vorstellen.

PS: den POPOmeter , welcher einen Unterschied im E modul um 2 % feststellt darf sich mir ruhig vorstellen ... denn ich kenne keinen :D
Wer sein Rennkart liebt, der schiebt ;) :tongue:
KRV
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Wie kann ein Rahmen weich werden?

Beitrag von KRV »

2% nicht spürbar: Darauf würde ich nur fremden Haus und Hof verwetten.
Man sollte nie vergessen, dass der Mensch keine lineare Wahrnehmung hat. Desweiteren spielt man sich bei Übersetzungen manchmal auch in der dritten Nachkommastelle...und spürt es.
Man spürt auch 0,01bar im Reifen wenn man am optimalen Fenster operiert...

Prinzipiell sind mehrere Varianten als Ursachen denkbar.
An eine Veränderung des E-Moduls während des Betriebs glaub ich nicht.
Auch ist mir dazu noch nichts über den Weg gelaufen.
Möglich wäre:
Vorspannungen im Material, welche sich setzen. Das kann das Verformungsverhalten beeinflussen.
Plastische Verformung. Allerdings müsste das eigentlich schon nach dem ersten Tag zu spüren sein.
Verschleiß. Geometrische Veränderung des Rahmens, sowie das Ausschlagen von Lagersitzen im Lenksystem.

Egal was es ist, weich wird es definitiv nicht :)
Zuletzt geändert von KRV am Do 31. Mär 2011, 19:05, insgesamt 1-mal geändert.
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Börsch
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Wie kann ein Rahmen weich werden?

Beitrag von Börsch »

...also eher "weich" im Sinne von "ausgenudelt" ? (Anbauteile, etc.)

Eins ist klar, ändert sich der e-modul nicht, wird auch nix weicher oder härter.

Das mit der Vorspannung hatte ich auch mal angedacht, aber wie gesagt, kann da nur von Federn sprechen und die sind nach ein paar duzend Lastwechseln "gesetzt", wie sie auch meistens schon ausgeliefert werden.
Werden Kartrahmen nach dem Schweißen nicht spannungsarm geglüht?

Wie gesagt, ich kann leider nicht aus Erfahrung sprechen, ich lese nur immer wieder, dass alte Rahmen nach viel Betrieb auch weich werden. Mit meinem mechanischen Verständnis krieg ich das nicht ganz vereinbart. Das ein ganzes Kart nach viel Betrieb wohl irgendwann komplett "ausgenudelt" ist, ist klar. Aber allein auf den Rahmen beschränkt kann ich das nicht ganz verstehen.
Zuletzt geändert von Börsch am Do 31. Mär 2011, 21:40, insgesamt 2-mal geändert.
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